Geheimakte Verwaltungsrichter

BundesverwaltungsgerichtDer Ministerrat hat am Montag die noch fehlende zweite Hälfte der Mitglieder des 2014 startenden Bundesverwaltungsgerichts fixiert. Die Namen werden unter Verschluss gehalten, der Verdacht der Packelei liegt nahe.

Siegfried Königshofer, Präsident des Vereins der Verwaltungsrichter (richtig: Vizepräsident der Verwaltungsrichtervereinigung), kritisiert, dass die Auswahlverfahren in Bund und Ländern nicht nach gesetzlichen Vorgaben abliefen und übergangene Bewerber keinen Rechtsschutz hätten. Beides würde einer Empfehlung des Europarats zur Sicherung richterlicher Unabhängigkeit folgen.

Das nennt man dann vollendete Tatsachen: Jene Liste von 80 Mitgliedern des neuen Bundesverwaltungsgerichts (BVwG), die SPÖ und ÖVP im gestrigen Ministerrat fixiert haben, wird offiziell erst veröffentlicht, wenn Bundespräsident Fischer dem Vorschlag gefolgt sein wird. Bis dahin kann nur spekuliert werden, und schon wegen der Geheimniskrämerei drängt sich der Verdacht auf, dass die eine oder andere mehr parteipolitisch als fachlich motivierte Kür dabei ist.

Das BVwG ist – wie das ebenfalls neue Bundesfinanzgericht und die Verwaltungsgerichte der Länder – Teil der neuen zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit, die am 1.Jänner 2014 ihre Arbeit aufnimmt. Sämtliche Verwaltungsbescheide können dann bei einem dieser Gerichte angefochten werden; in besonderen Fällen gibt es danach den Rechtszug an den Verwaltungsgerichtshof.

Das BVwG – mit 168 Richtern bald das größte Gericht Österreichs – setzt sich etwa zur Hälfte aus den Mitgliedern des Asylgerichtshofs und des Bundesvergabeamts zusammen, deren beider Aufgaben das neue Gericht unter anderem übernimmt. Die zweite Hälfte sind die 80 Mitglieder auf der unter Verschluss gehaltenen Liste.

Diese wurde von einer Begutachtungskommission erstellt, die hübsch rot-schwarz gestreift war. Harald Perl, noch Vorsitzender des Asylgerichtshofs und bald Präsident des BVwG, leitete sie; Perl war einst in den Büros der SP-Kanzler Vranitzky und Klima. Dazu kam Michael Sachs, einst Kabinettchef von VP-Kanzler Schüssel, zuletzt Chef des Vergabeamts und bald BVwG-Vize. Ferner: zwei Sektionschefinnen, eine aus dem (roten) Kanzleramt, eine aus dem (schwarzen) Wirtschaftsministerium.

Ministerbüros am Wort?

Dass zum Teil Juristen aus den Ministerien ans neue Gericht wechseln sollen, liegt sogar in der Natur der Sache. Denn das Gericht ersetzt ja die Berufungsinstanzen innerhalb der Verwaltung und braucht deren Expertise. Es gehen aber Gerüchte um, dass die koalitionären Ministerbüros ihre politisch Vertrauten beim BVwG unterbringen wollen. Das fürchten jedenfalls Leute, die sich mehr als die Koalition um die Unabhängigkeit der neuen Institutionen sorgen.

Staatssekretär Ostermayer (SPÖ) betonte im Ö1-„Morgenjournal“, dass die Bestellung objektiv und transparent abgelaufen sei; wie er wies auch Vizekanzler Spindelegger (ÖVP) nach dem Ministerrat den Vorwurf von sich, dass es (bei ihnen) politische Interventionen gegeben habe. Derweil wird ein Mitarbeiter aus dem Büro desselben Vizekanzlers Spindelegger Präsident des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich.

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