Richtervereinigung kristisiert politisch gefärbte Vergabe von Richterämtern
Die Besetzung der Verwaltungsgerichte sorgt einmal mehr für Kritik in der Richterschaft. Die Richtervereinigung wendet sich gegen Postenvergabe nach parteipolitischen Kriterien. Eine politikberatende Funktion – etwa in einem Regierungsbüro oder Klub – könne aber kein Ausschließungsgrund für eine Richterernennung sein, wenn die fachliche Eignung gegeben ist, stellte der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH), Clemens Jabloner, fest. Auch für ÖVP-Chef Michael Spindelegger heißt ein solcher Job nicht, „dass jemand unqualifiziert ist“.
Anlass ist die Bestellung der Verwaltungsrichter in der Steiermark. Das ORF-„Morgenjournal“ berichtete, dass dort u.a. eine ehemalige Mitarbeiterin des SPÖ-Landeshauptmannbüros, eine ÖVP-Klubmitarbeiterin und ein FPÖ-Klubchef zu Richtern ernannt wurden. Die Landesregierung hat in einer Aussendung die am 4. Juli ernannten 14 Richter bekannt gegeben. Darunter finden sich der bisherige Direktor im FPÖ-Landtagsklub, Gerhard Maier, die im ÖVP-Klub tätige Verena Schönegger sowie Karin Sprachmann (Leiterin des Referates für Sozialversicherungsrecht der Landesregierung) und Andrea Rotschädl, die Tochter des scheidenden steirischen Arbeiterkammer-Präsidenten.
„Verheerendes schlechtes Bild“
„Das macht vom Anschein her ein verheerendes schlechtes Bild in der Öffentlichkeit. Es ist der Anschein der Parteilichkeit da und der Richter sollte unparteilich sein und unabhängig“, kritisierte am Montag im ORF-„Morgenjournal“ Christa Hanschitz, die Vorsitzende der Richtervereinigung an den Unabhängigen Verwaltungssenaten (UVS) – die ab 1. Jänner 2014 durch die Verwaltungsgerichte ersetzt werden. Die Vorgangsweise der Besetzungen kritisierte ihr Stellvertreter Siegfried Königshofer: „Es werden Kommissionen bestimmt, wo man nicht genau weiß, wer drinnen sitzt, wer die Bewerber sind, welche Fähigkeiten und Kenntnisse sie haben, und auch nicht, nach welchen Kriterien die Auswahl erfolgt.“
Die Personalsenate sollten in der Mehrheit aus Richtern bestehen – und nicht von der Politik nach Proporz besetzt werden, forderte auch der Präsident der Richtervereinigung, Wolfgang Zinkl, im Gespräch mit der APA. Er lehnte „mit aller Schärfe jede parteipolitische Einflussnahme bei Postenbesetzungen ab“. Parteizugehörigkeit dürfe kein Kriterium für die Auswahl von Richtern sein – und eine politische Funktion und ein Richteramt seien nicht kompatibel, erinnerte Zinkl an die Welser Erklärung aus 2007.
„Schwerer Sündenfall“
Der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser erachtet die steirische Postenbesetzung für einen „schweren Sündenfall, der das Ansehen der Verwaltungsgerichtsbarkeit beschädigt“. Wenn über die Postenbesetzungen der Einfluss der rot-schwarz-blauen Parteisekretariate sichergestellt werden solle, sei das „nicht im Sinn der Erfindung“. Denn mit den Verwaltungsgerichten sollte „das Gegenteil erreicht werden“.
Kritik gab es auch an der Besetzung zweier Präsidentenfunktionen – nämlich der in Wien mit Dieter Kolonovits und der in Niederösterreich mit Patrick Segalla. Kolonovits hat für die Wiener Landesregierung Gutachten zur Parkpickerl-Volksbefragung geschrieben, Segalla arbeitet im Kabinett von Vizekanzler Spindelegger. Der ÖVP-Chef trat am Montag in einer Pressekonferenz Kritik an der Postenbesetzung entgegen: „Dass jemand in einer Partei oder einem Regierungsbüro gewesen ist, heißt nicht, dass er unqualifiziert ist.“ Eine Änderung des Bestellungsmodus hält Spindelegger nicht für nötig, er sieht in der ganzen Sache keine Katastrophe.
Auch Jabloner hält Kritik an der Bestellung von Kolonovits und Segalla für nicht angebracht. Beide seien „ganz erstklassige und völlig anerkannte Experten“. Der Umstand, dass jemand politikberatend tätig war, hindere ihn nicht, ein unabhängiger Richter zu sein, sagte Jabloner gegenüber der APA. Freilich sei die Gefahr gegeben, dass „Leute in Funktionen kommen, die fachlich nicht geeignet sind“. Dass ein Jurist vorher „anderes gemacht hat, disqualifiziert ihn aber nicht als künftigen Richter.“