Richter-Protest wegen Postenschacher

orf-atÖsterreich bekommt ab 1. Jänner neue Landesverwaltungsgerichte, aber schon jetzt geraten sie in den Verdacht der Parteipolitik.

lautsprecher_symbol_free-150x150Morgenjournal, 8.7.2013 Bernt Koschuh

Grund sind Richterbestellungen in der Steiermark. Die bestellten Richter kommen teilweise aus den Klubs der Parteien und aus Regierungsbüros. Die Vereinigung der bisherigen Richter in den Bundesländern protestiert heftig.

Die Gründung der Landesverwaltungsgerichte sei ein Jahrhundertprojekt und bedeute eigentlich, dass die Politik Macht abgibt, sagen Richtervertreter. Denn die neuen Gerichte werden die bisherigen Aufgaben von 120 Behörden übernehmen, vor allem die der Rechtsabteilungen in den Landesregierungen – beispielsweise die Beurteilung, ob Baugenehmigungen oder die Vergabe öffentlicher Aufträge rechtmäßig waren. Aber speziell im sogenannten Reformland Steiermark scheint sich die Politik schwer zu tun mit dem Macht abgeben. Am Freitag wurde via „Kleine Zeitung“ bekannt, dass die Landesregierung als neue Richter unter anderen eine ehemalige Mitarbeiterin des SPÖ-Landeshauptmannbüros, eine ÖVP-Klubmitarbeiterin und einen FPÖ-Klubchef bestellt hat.

„Verheerendes Bild“

Christa Hanschitz, Vorsitzende der Richtervereinigung an den unabhängigen Verwaltungssenaten: „Das macht vom Anschein her ein verheerendes schlechtes Bild in der Öffentlichkeit. Es ist der Anschein der Parteilichkeit da und der Richter sollte unparteilich sein und unabhängig.“

Österreichweit über hundert Richter

In anderen Bundesländern zeichnet sich Ähnliches ab. Bereits bestellt ist der Gerichtspräsident in Niederösterreich, er war zuletzt Kabinettsmitarbeiter bei den ÖVP-Vizekanzlern Pröll und Spindelegger. Und für alle neun Bundesländer gilt: Die Richtergremien, die normalerweise bei jeder Postenbesetzung die Vorauswahl machen und einen Dreiervorschlag erstellen, haben jetzt in der Übergangsphase von den Verwaltungssenaten zu den Landesverwaltungsgerichten nichts mitzureden. Es geht um österreichweit mehr als 100 Richterposten.

Siegfried Königshofer, stellvertretender Vorsitzender der UVS-Richtervereinigung: „Es werden Kommissionen bestimmt, wo man nicht genau weiß, wer drinnen sitzt, wer die Bewerber sind, welche Fähigkeiten und Kenntnisse sie haben, und auch nicht, nach welchen Kriterien die Auswahl erfolgt.

Keine Eignungsprüfung

Und es gebe keine Überprüfung der persönlichen Eignung, sagt Richterin Hanschitz: „Für das Richtersein wäre es wichtig dass man eine gewisse Kompetenz hat zur Führung von Verhandlungen, dass man entscheidungsfreudig ist, auf Menschen eingehen kann. Und selbstverständlich spielt die Unabhängigkeit eine Rolle. Das ist ja gerade der Kernpunkt der neuen Regelung.“

Massiv protestiert wird auch gegen die geplante besonders geringe Bezahlung der Richter in Tirol. Dadurch könne ein Anreiz entstehen, sich als Richter politikfreundlich zu verhalten, um später auf einen besser dotierten Landesposten zurückkehren zu können. Den UVS-Richtervertretern bleibt nur die Hoffnung, dass die Bundesländer umdenken – zumindest dort wo die Posten noch nicht besetzt sind – und dass bereits bestellte Richter mit ihrer Aufgabe wachsen und unabhängig urteilen werden.

Beitrag auf oe1.orf.at…

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