Ganz unter dem Eindruck der Finanzkrise, der Verfassungskrisen in einigen EU-Mitgliedsstaaten und der Vertrauenskrise in die EU stand die vierte Jahrestagung der Europäischen Grundrechtsagentur (FRA) am 6. Juni in Wien.
Hinter dem Titel „Promoting the rule of law in the EU“ verbarg sich die Fragestellung, ob es für Rechtsstaatlichkeit auf europäischer Ebene so etwas wie anerkannte Standards gibt oder geben kann, deren Einhaltung durch EU-Institution überprüfbar ist. Die Gründe, diese Thematik auf die Tagesordnung zu setzen, sind Entwicklungen in Europa, welche die Ausweitung der ökonomischen Krise zu einer Krise des Rechtsstaats befürchten lassen. Da es sich beim Begriff der „Rechtsstaatlichkeit“ aber um einen vorrangig kontinental-europäisch geprägten Begriff handelt, wurden die Fragen nach europäischen Standards unter dem Titel „meassuring the rule of law, justice and fundamental rights“ behandelt.
Die vorgelegten Dokumente, die Rede- und Diskussionsbeiträge zeigten auf, dass es zwar bereits eine Vielzahl von Stellen in der Union gibt, welche in der einen oder anderen Form Fakten zu diesen Fragestellungen sammeln, ein Konsens darüber, wie aussagekräftig diese Fakten sind, ist aber aktuell nicht in Sicht. Klar wurde, dass eine Entscheidung darüber, was europäische rechtsstaatliche Standards sind, eine politische Meinungsbildung in ganz Europa voraussetzt und rein technokratische Antworten auf politische Fragen nicht ausreichend sein werden.