Aus aktuellen Affären lernen
Der Krach um die Unabhängigkeit der Justiz aus Anlass der Ermittlungen gegen Werner Amon macht für Experten Fehler in der Struktur des Justizsystems sichtbar. Gerhard Reissner, Vizepräsident der Richtervereinigung, hält die Abhängigkeit der Justiz von der Politik für den Nährboden für Konflikte. Ein Fehler, der bei der anstehenden Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit vermieden werden sollte, warnen die Richter.
Mittagsjournal, 15.3.2012
Die Kontrolle der Verwaltung, also der Entscheidungen der Landeshauptleute, der Bürgermeister, der Regierung – all das macht die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Seit Jahrzehnten wird über eine Reform diskutiert, nun steht sie unmittelbar vor ihrer Umsetzung. Statt einer Vielzahl an Sonderbehörden sollen neun Landesverwaltungsgerichte und zwei Bundesgerichte eingerichtet werden. Die oberste Instanz bleibt der Verwaltungsgerichtshof.
Für den Bürger ändert sich einiges, erklärt Siegfried Königshofer, Vizepräsident der Unabhängigen Verwaltungssenate (richtig: der UVS-Vereinigung, Anm. Redaktion), die diese Arbeit bisher gemacht haben: „Wenn man eine Baubewilligung haben wollte und die nicht bekommen hatte, dann ist man in Vorarlberg zum unabhängigen Verwaltungssenat Vorarlberg gekommen. Das gibt es in andern Bundesländern bis dato nicht. Das wird sich ändern, diese werden alle der Kontrolle durch die Verwaltungsgerichte unterliegen.“
„Umkehr der Kontrolle“
Und da setzt die Kritik der Richtervereinigung schon an. Jeder Landtag legt für seinen Bereich die Kriterien fest, konkret etwa das Dienstrecht. Einheitliche Standards und Unabhängigkeit seien die Garantie für ein Gelingen der Reform, sagt Markus Thoma, Vizepräsident der Verwaltungsrichter: „Der Verfassungsgerichtshof hat ja schon betont, dass ein Einfluss der Verwaltung auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu einer Umkehr der Kontrolle führen könnte.“
Die Richter fürchten vor allem die Gefahr einer zu großen Nähe zur Politik. Das habe der Justiz noch nie gut getan, analysiert der Vizepräsident der Richtervereinigung, Gerhard Fleissner, den handfesten Streit im Fall des ÖVP-Politikers Werner Amon: „Genau das sollte man vermeiden indem man sagt: Das ist ein unabhängiges Gericht und da hat die Politik nichts verloren. Je mehr Schlupflöcher die Politik offen lässt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit solcher Entwicklungen.“