Das italienische Gesetz über die zivilrechtliche Haftung der Richter für Schäden, die Einzelnen durch Verstöße gegen das Unionsrecht entstehen, ist mit dem Unionsrecht unvereinbar.
Dies stellt der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 24.11.2011 klar (Az.: C-379/10). Der Ausschluss der Haftung des Staates oder die Beschränkung dieser Haftung auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit verstoße gegen den allgemeinen Grundsatz, wonach die Mitgliedstaaten für Verstöße eines letztinstanzlichen Gerichts gegen das Unionsrecht haften.
Das Unionsrecht verpflichtet die Mitgliedstaaten zum Ersatz der Schäden, die Einzelnen durch ihnen zuzurechnende Unionsrechtsverstöße entstehen, unabhängig davon, welches ihrer Organe den Schaden verursacht hat. Dieser Grundsatz gilt auch für Verstöße, die von der Judikative begangen werden. Aus dem Erfordernis, den Bürgern einen effektiven gerichtlichen Schutz der ihnen aufgrund des Unionsrechts zustehenden Rechte zu gewährleisten, folgt, dass der Staat wegen eines Verstoßes gegen das Unionsrecht, der auf der Auslegung von Rechtsvorschriften durch ein letztinstanzliches nationales Gericht beruht, haftbar gemacht werden kann.
Im vorliegenden Fall macht die Kommission geltend, dass das italienische Gesetz über den Ersatz in Ausübung der Rechtsprechung verursachter Schäden und die zivilrechtliche Haftung der Richter unvereinbar sei mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Haftung der Mitgliedstaaten für Verstöße ihrer letztinstanzlichen Gerichte gegen das Unionsrecht. Sie wirft Italien zum einen vor, dass es jegliche Haftung des Staates für dem Einzelnen entstehende Schäden ausschließe, wenn der Unionsrechtsverstoß auf der von einem solchen Gericht vorgenommenen Auslegung von Rechtsvorschriften oder dessen Sachverhalts- und Beweiswürdigung beruhe. Außerdem moniert die Kommission, dass das Gesetz diese Haftung in anderen Fällen als der Auslegung von Rechtsvorschriften oder der Sachverhalts- und Beweiswürdigung allein auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt.