VwGH-Präsident Jabloner findet, sein Gericht habe die „optimale Größe“ überschritten, und hofft auf die neuen Verwaltungsgerichte
Interview von PHILIPP AICHINGER UND BENEDIKT KOMMENDA (Die Presse)
Auf die Frage ob bei den bisherigen Institutionen, den Unabhängigen Verwaltungssenaten und dem Unabhängigen Finanzsenat, das richterliche Selbstverständnis unterentwickelt war:
„Es macht doch einen Unterschied, ob jemand Richter ist oder nicht. Es stärkt seine Unabhängigkeit, und es gibt einen psychologischen Faktor, den man nicht unterschätzen darf: Für die Richter des Verwaltungsgerichtshofes kommt es sehr darauf an, dass im jeweiligen Verfahren bereits Richter im formell-organisatorischen Sinn tätig waren. Das stärkt das Vertrauen und erhöht unsere Bereitschaft, uns auf Fälle nicht einzulassen.“
Zur geplanten Einschränkung des Zugangs zum Verwaltungsgerichtshof:
“ Ob das funktioniert, hängt von drei Faktoren ab. Zum Ersten muss eine inhaltliche Formel gefunden werden, die es uns möglich macht, jeden Fall aufzugreifen. Es darf nichts abgesperrt sein, aber es muss möglich sein, Routinefälle abzulehnen. Dann muss die Qualität und Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichte erster Instanz so gut sein, dass das System funktioniert. Und es müssen sich, drittens, unsere Richter darauf einstellen, mit der Kontrolle auf grundsätzliche Rechtsfragen zurückzugehen. Wie man den Zugang dann technisch regelt, ist eine weitere Frage.“
Die Anwälte beklagen, dass die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission einem „Kahlschlag“ zum Opfer fallen soll. Sehen Sie das auch als einen Eingriff in die Autonomie des Standes?
„Ich bestehe nicht darauf, dass alles in die Verwaltungsgerichtsbarkeit eingegliedert wird. Bei den justiznahen Organisationen soll man eine entsprechende Form finden. Es wäre sinnlos, wegen dieser Sache eine ganze Berufsgruppe gegen sich aufzubringen. Ich denke mir, dass das noch verhandelt wird.“