Die von Dr. Zanger in der ZUV 2010/4 zwar zunächst als „ausgezeichnet begründet“ bezeichnete, im Folgenden jedoch drastisch und bisweilen auch polemisch kritisierte Entscheidung des UVS Wien zu GZ 01/8/7292/2010 hat sich vor den maßgeblichen höchstgerichtlichen Prüfinstanzen nicht nur als ausgezeichnet begründet, sondern zudem in vollem Umfang als rechtsrichtig herausgestellt.Die vom Autor des Beitrages angerufenen Götter haben nicht zu entscheiden, sie sind nicht am Wort.
Editorial
In einem in der letzten Ausgabe der ZUV (4/2010) von Rechtsanwalt Dr. Georg Zanger veröffentlichten Aufsatz Beitrag wurde die Rolle der UVS in jenen Schubhaftverfahren beleuchtet, in denen den Beschwerdeführern die Abschiebung nach Griechenland droht. Über den im Beitrag besprochenen Beschwerdefall haben mittlerweile die Höchstgerichte geurteilt.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der Beschwerde gegen die Entscheidung des UVS mit der Begründung abgelehnt, dass zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen keine spezifisch verfassungsrechtlichen Überlegungen anzustellen sind. Zum Antrag des Beschwerdeführers eine einstweilige Anordnung dergestalt zu erlassen, dass die Unzulässigkeit der auf die asylrechtliche Ausweisungsentscheidung gestützte Abschiebung des Beschwerdeführers nach Griechenland für die Dauer der durch die Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union durch den irischen High Court und den englischen Court of Appeal eingeleiteten Vorabentscheidungsverfahren festgestellt werde, führte der Verfassungsgerichtshof aus:
„Weder die Bundesverfassung noch eine andere Verfassungsbestimmung noch auch das Verfassungsgerichtshofgesetz oder die im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nach § 35 VfGG sinngemäß anzuwendenden Bestimmungen der Zivilprozessordnung und des Einführungsgesetzes zur Zivilprozessordnung enthalten eine Regelung, die die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Erlassung einstweiligen Rechtsschutzes, wie sie der Beschwerdeführer begehrt, begründen könnte.
Selbst unter der Annahme, dass der Verfassungsgerichtshof zur Erlassung entsprechender einstweiliger Anordnungen zur Sicherung von unionsrechtlich begründeten Rechtspositionen auch ohne innerstaatliche gesetzliche Kompetenzzuweisung allein kraft Unionsrechts berufen sein sollte, würde es im vorliegenden Fall an einer wesentlichen Voraussetzung für die Erlassung einer einstweiligen Anordnung des vom Beschwerdeführer begehrten Inhalts fehlen:
Im vorliegenden Verfahren geht es nämlich nicht um die (vorläufige) Sicherung eines sich für den Beschwerdeführer aus einer unmittelbar anwendbaren Vorschrift des Unionsrechts ergebenden Rechts, sondern um die Sicherung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der bei der Schubhaft anzuwendenden Rechtsvorschriften.“
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Behandlung der Beschwerde gegen die UVS-Entscheidung ebenfalls abgelehnt. Er kommt zu folgender Beurteilung:
„Die belangte Behörde (Anm.: UVS Wien) hatte in der vorliegenden Konstellation weder als Vorfrage noch als Hauptfrage über die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Griechenland im Rahmen des bei ihr geführten Schubhaftbeschwerdeverfahrens abzusprechen…Die in der Beschwerde ins Treffen geführte Dublin II-VO (insbesondere deren Art. 3 Abs. 2 betreffend den Selbsteintritt) war von der belangten Behörde nicht anzuwenden. Eine Präjudizialität der (nach dem Vorbringen in der Beschwerde: noch nicht bekannten) Vorlagefragen in den genannten Vorabentscheidungsverfahren, die sich offenbar auf die Auslegung der Dublin II-VO beziehen, besteht daher im vorliegenden Verfahren nicht.“
Die von Dr. Zanger zwar zunächst als „ausgezeichnet begründet“ bezeichnete, im Folgenden jedoch drastisch und bisweilen auch polemisch kritisierte Entscheidung des UVS Wien zu GZ 01/8/7292/2010 hat sich somit vor den maßgeblichen höchstgerichtlichen Prüfinstanzen nicht nur als ausgezeichnet begründet, sondern zudem in vollem Umfang als rechtsrichtig herausgestellt.
Mit guten Gründen haben sich sowohl der UVS als auch beide Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts bei ihrer Entscheidungsfindung nicht an der launischen, häufig von Eifersucht und Rachegefühlen getriebenen griechischen Götterwelt orientiert, sondern an geltendem österreichischen und europäischen Recht.
Vor diesem Hintergrund sind die Unabhängigen Verwaltungssenate daher im Rahmen der von ihnen zu führenden Schubhaftverfahren nicht der richtige Adressat, die Probleme in Zusammenhang mit der Abschiebung von Asylwerbern nach Griechenland zu lösen und auch die vom Autor des Beitrages angerufenen Götter haben nicht zu entscheiden, sie sind nicht am Wort.
Arnold Zotter (Chefredakteur)
Gero Schmied (Herausgeber)