Fahrräder: Ausrüstungsbestimmungen verfassungswidrig?

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat beim Verfasungsgerichtshof den Antrag gestellt,  § 66 Abs. 1 zweiter Satz StVO als verfassungswidrig aufzuheben.

Nach dieser Bestimmung können Radfahrer verantwortlich gemacht werden, ihr  Fahrrad in einem Zustand zu erhalten, der den Anforderungen der Produktsicherheitsbestimmungen entspricht. Im Anlassfall wurde ein Radfahrer von der Polizei bestraft, weil sein Fahrrad seitlich keine gelben Rückstrahler hatte.

Die Fahrradverordung, in der die notwendige Ausrüstung von Fahrrädern geregelt ist, richtet sich eigentlich nur an Produzenten, Importeure und Händler. Diese dürfen nur Fahrräder in Verkehr bringen (z.B. verkaufen), die diesen Bestimmungen entsprechen.

§ 66 Abs. 1 der Straßenverkersordung ordnet aber ganz allgemein an, dass Fahrräder, Fahrradanhänger und Kindersitze in einem Zustand erhalten werden müssen, der den Anforderungen der Produktsicherheitsbestimmungen für Fahrräder (§ 104 Abs. 8) entspricht.

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien verstößt § 66 Abs 1 StVO gegen das, aus dem Legalitätsprinzip erfließende Bestimmtheitsgebot. Die Bestimmung lasse – so die Begründung des Antrages – völlig unklar, wann und unter welchen Umständen den Lenker eines Fahrrades diese Verpflichtung trifft. Die Bestimmung lasse auch offen, ob für die Annahme der, den Lenker treffenden „Erhaltungspflicht“ die Feststellung erforderlich ist, ob und wann zuvor das Fahrrad diesen Anforderungen entsprochen hat. Letztlich lasse diese Bestimmung offen, ob und wann in dem Fall, dass das Fahrrad entgegen § 1 Fahrradverordnung in Verkehr gebracht wurde, den Lenker die Verpflichtung treffen soll, selbst einen, den Produktsicherheitsbestimmungen entsprechenden Zustand herzustellen.

Das Lenken eines Fahrrades mit unzureichender Beleuchtung auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr während der Dämmerung, bei Dunkelheit oder Nebel sei bereits nach der straßenpolizeilichen und insoweit unbedenklichen Bestimmung des § 60 Abs. 3 iVm. § 99 Abs 3 lit. a StVO strafbar.  Gäbe man § 66 Abs. 1 StVO jedoch einen, mit § 102 Abs. 1 KFG (Pflichten des Fahrzeuglenkers) vergleichbaren Inhalt über die Pflichten des Fahrradlenkers, hieße das, dieser Bestimmung einen verfassungswidrigen, weil kompetenzwidrigen Inhalt zu unterstellen. Der Verfassung fehle ein mit dem Kompetenztatbestand „Kraftfahrwesen“ korrespondierender Kompetenztatbestand, der  Fahrzeuge umfaßt, die keine Kraftfahrzeuge sind.  Eine derartige Bestimmung fiele daher unter die Generalklausel des Art. 15 Abs. 1 B-VG und somit in die Zuständigkeit der Länder.

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