Kampf gegen die Schwarzarbeit oder doch nicht?

„… Gerade die, bei ihren Kontrollen oft mit schwierigen Umständen konfrontierten, Behörden könnten den Eindruck gewinnen, dass sie im Kampf gegen die Schwarzarbeit vom Verwaltungsgerichtshof allein gelassen werden.“

von Anton Fritz

Quelle: UVS Aktuell Juni 2009/2

1. Einleitung

a.) Tätigkeit der Finanzämter, Gewerbeschein, Baustellen

Bei ihren Kontrollen von Baustellen und Lokalen treffen die Bediensteten der Finanzämter immer wieder auf ausländische Staatsbürger (vornehmlich aus den östlichen Nachbarländern), die ohne arbeitsmarktbehördliche Bewilligung (und zumeist auch ohne Anmeldung zur Sozialversicherung) von ihren Arbeitgebern (unter Ausnutzung ihrer wirtschaftlichen Lage) gegen einen Hungerlohn beschäftigt werden. In den letzten Jahren ist zu beobachten, dass immer häufiger (etwa auf Baustellen bei der Verrichtung von Innenausbauarbeiten) ausländische Staatsbürger als Arbeitskräfte herangezogen werden, die ein freies Gewerbe (etwa zum Spachteln) angemeldet haben, wobei dann im Verfahren behauptet wird, diese Personen (die in der Regel auf den Baustellen wie sonst eben ein Arbeitnehmer eingesetzt werden) seien doch als selbstständige Unternehmer tätig.

Aber auch in anderen Bereichen (etwa dem Reinigungsgewerbe, der Gastronomie, dem Transportwesen etc.) wird vermehrt versucht, die zugunsten der Arbeitnehmer bestehenden (Schutz-) Bestimmungen des Arbeits- und Sozialrechtes dadurch zu umgehen, dass den Personen ein (als Werkvertrag bezeichnetes) Schriftstück zum Unterschreiben gegeben wird, um dann behaupten zu können, es sei doch ein echter Unternehmer für diese und jene Hilfstätigkeit mittels Werkvertrag beauftragt worden. Es geht bei diesen Fällen aber hauptsächlich nur darum, dass dem Arbeitgeber eine Arbeitskraft zur Verfügung steht, wobei der Arbeitgeber den Vorteil für sich lukrieren will, dass eine solche Arbeitskraft immer (auf Abruf) vorhanden ist und der Arbeitgeber dieser keinen Urlaub gewähren, im Krankheitsfall kein Entgelt weiterzahlen, beim Ausscheiden keine Abfertigung und bei Nachtarbeit keine Zuschläge zahlen muss. Wenn man nun bedenkt, dass auf einer solchen Basis nicht bloß einige wenige, sondern österreichweit tausende Personen eingesetzt werden, dann verwundert es nicht, wenn die Krankenkassen darauf hinweisen, dass es rückläufige Beitragszahlungen gibt. Wegen dieser (oft unter Mithilfe von Juristen ausgearbeiteten) Scheinkonstruktionen haben es die Bediensteten der Finanzämter nicht leicht, vor Ort bei ihren Kontrollen den wahren Sachverhalt zu ermitteln und durch Aufnahme entsprechender Beweise zu sichern.

b.) Ermittlungsaufwand, Behörden, Entscheidungsfrist

Auch von Seiten der unabhängigen Verwaltungssenate war zu bemerken, dass es bei diesen Sachverhaltskonstellationen zu einem erhöhten Ermittlungsaufwand (Beischaffung von Beweismaterial, Durchführung von mündlichen Verhandlungen mit der Einvernahme von Parteien und zahlreichen Zeugen) kommt, wobei ja in vielen Fällen die Beschuldigten gar kein Interesse an einer konstruktiven Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes haben, sondern – ganz im Gegenteil – versuchen, das Verfahren zu verschleppen. In der Vergangenheit war es so, dass die unabhängigen Verwaltungssenate – unabhängig vom Zeitpunkt der Berufungseinbringung – letztlich aufgrund der Frist des § 31 Abs. 3 VStG eine Entscheidung innerhalb von drei Jahren ab dem Tatzeitpunkt zu treffen gehabt haben. Gerade bei neu auftauchenden Rechtsfragen ist es zielführend, wenn der Verwaltungsgerichtshof möglichst rasch Antworten gibt, die für die Normunterworfenen (und die das Gesetz anwendenden Behörden) logisch

nachvollziehbar sind und an die sie sich dann orientieren können.

2. Gesetzesprüfungsanträge, Verwaltungsgerichtshof, Mindeststrafen, Private

Im Jahr 2007 hat es von Seiten des Verwaltungsgerichtshofes nur einige wenige Entscheidungen in Verwaltungsstrafsachen nach dem AuslBG gegeben. Der Grund dafür war der, dass der Verwaltungsgerichtshof unzählige Gesetzesprüfungsanträge an den Verfassungsgerichtshof gestellt hat, weil er Bedenken gegen die (jeweilige) Mindeststrafe im § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG gehabt hat. Die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes richteten sich gegen die fehlende Differenzierung der Mindeststrafdrohung, je nachdem, ob das Delikt von einem Unternehmer im Zusammenhang mit der Führung eines Betriebes begangen wird oder ob ein Privater im Rahmen seines Haushaltes verbotenerweise Ausländer beschäftigt. Auffällig war dabei schon, dass in den beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren nur einzelne wenige Fälle die Bestrafung von Privatpersonen wegen der unbewilligten Beschäftigung von Ausländern betroffen haben. Die überwiegende Mehrzahl der Fälle, in denen der Verwaltungsgerichtshof einen Gesetzesprüfungsantrag gestellt hat, betrafen etwa Bordellbetreiber und sonstige Unternehmer, die die Not der bei ihnen beschäftigten Personen ausgenutzt haben, um diese – ohne angemessene Bezahlung, ohne Einhaltung von arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften – zu beschäftigen. In weiteren Gesetzesprüfungsanträgen brachte der Verwaltungsgerichtshof auch noch Bedenken gegen die Bestimmung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG vor. Von Seiten der unabhängigen Verwaltungssenate wurde in Äußerungen auf die weltfremde Betrachtungsweise des Verwaltungsgerichtshof und darauf hingewiesen, dass die angefochtene Mindeststrafe – vor allem angesichts der Beeinträchtigung des inländischen Arbeitsmarktes und der dem Staat dadurch entzogenen beträchtlichen Mittel (Sozialversicherungsbeiträge, Steuern etc.) – als Mittel zur Hintanhaltung der unbewilligten Beschäftigung von Ausländern auch im privaten Bereich sachlich gerechtfertigt sei. Der Verfassungsgerichtshof hat die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes nicht geteilt und die Anträge (z.B. mit den Erkenntnissen vom 27.9.2007, Zl. G 24/07 u.a., vom 13.3.2008, Zl. G 204/07 u.a., vom 13.3.2008, Zl. G 194/07 u.a.) allesamt abgewiesen (insgesamt bezüglich wohl an die 100 Geschäftszahlen).

Die Akten, zu denen der Verwaltungsgerichtshof Gesetzesprüfungsanträge gestellt hatte, sind dann alle an diesen zurückgeschickt worden (um sie einer inhaltlichen Erledigung zuzuführen).

3. Mehrparteiverfahren, 15-monatige Frist des § 51 Abs. 7 VStG, Aufhebung einer Wortfolge durch den Verfassungsgerichtshof

Im Verwaltungsstrafverfahren nach dem AuslBG steht nicht nur dem Beschuldigten das Recht der Berufung zu (§ 28a Abs. 1 AuslBG). Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 6.11.2008, G 86, 87/08-15, die Wortfolge „, in dem nur dem Beschuldigten das Recht der Berufung zusteht, “ in § 51 Abs. 7 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 158/1998, als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31.10.2009 in Kraft. Diese Fristsetzung bei der Aufhebung dieser Bestimmung hat nun für die unabhängigen Verwaltungssenate zur Folge, dass auch in Verfahren, in denen einer weiteren Partei das Parteiengehör zu gewähren ist und in denen bei komplexeren Sachverhalten häufig bei mehreren Verhandlungsterminen zahlreiche Zeugen zu hören sind, dennoch in jedem Fall die Entscheidung binnen 15 Monaten (ab Berufungseinbringung) zu ergehen hat.

4. Ausdehnung der Anlassfallwirkung, zuvor keine Bedenken vom Verwaltungsgerichtshof

Der Verwaltungsgerichtshof hatte in der Vergangenheit niemals Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Bestimmung in § 51 Abs. 7 VStG geäußert gehabt. Umso verwunderlicher war es dann, dass der Verfassungsgerichtshof (neben der Aufhebung der oben angeführten Wortfolge) auch ausgesprochen hat, dass die genannte Wortfolge auf die am 9.10.2008 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren, denen ein Bescheid zugrunde liegt, der nach Ablauf der 15-monatigen Frist des § 51 Abs. 7 VStG erlassen wurde (mit Ausnahme von Privatanklagesachen), nicht mehr anzuwenden ist. Es dürfte wohl so gewesen sein, dass in informellen Gesprächen von Seiten des Verwaltungsgerichtshofes angekündigt worden ist, sämtliche (zum Teil schon zuvor wegen der Mindeststrafe an den Verfassungsgerichtshof herangetragenen) Fälle, in denen von Seiten der unabhängigen Verwaltungssenate wohl (aufgrund der damals geltenden Rechtslage) die dreijährige Verjährungsfrist des § 31 Abs. 3 VStG, nicht aber die (für die unabhängigen Verwaltungssenate bei deren Entscheidung gar nicht zu beachtende) 15-monatige Frist des § 51 Abs. 7 VStG beachtet wurde, beim Verfassungsgerichtshof anzufechten.

5. Aufhebung von Berufungsbescheiden, Kostenzuspruch an Beschwerdeführer

Es sind dann alle diese Fälle (zum Teil sind diese schon im Jahr 2004 beim Verwaltungsgerichtshof anhängig geworden) liegen gelassen worden, um sie dann alle – in einem Kurzerkenntnis – aufheben zu können. Wie bei einer Nachschau im RIS ersehen werden kann, sind zum Stichtag 13.5.2009 fast 100 Bescheide vom Verwaltungsgerichtshof (mit Kostenzuspruch an den Beschwerdeführer) aufgehoben worden, weil die Berufungsbehörde ihren Berufungsbescheid erst nach Ablauf der 15-monatigen Frist des § 51 Abs. 7 VStG erlassen habe (noch einmal ist zu betonen, dass zu der Zeit, als die unabhängigen Verwaltungssenate entschieden haben, diese Frist von 15 Monaten etwa in AuslBG-Verfahren gar nicht gegolten hat). Berücksichtigt man nun, dass in den einzelnen Verfahren Strafen von 1.000,– bis zu mehreren 10.000,– Euro verhängt worden sind, so kann nur vermutet werden, dass hier Strafgelder in Millionenhöhe dem Staat verloren gehen (bzw. allenfalls wieder zurückgezahlt werden müssen).

6. Schlussbemerkungen

Abschließend kann nur noch einmal darauf hingewiesen werden, dass es sich bei der Mehrzahl dieser Fälle um Unternehmer (Bordellbetreiber, Baufirmen, Lokalbetreiber etc.) gehandelt hat, die die wirtschaftliche Lage der Arbeitskräfte ausgenutzt und diese mitunter auch noch insofern ausgebeutet haben, als sie diesen keinen angemessenen Lohn bezahlt, nicht zur Sozialversicherung angemeldet und (was im Interesse dieser Personen gelegen wäre) auch keine Schutzvorschriften des Arbeits- und Sozialrechtes eingehalten haben. Alle diese Schwarzarbeitgeber müssen wohl sehr erfreut gewesen sein, dass ihnen (oft) Jahre nach der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates nunmehr über 1.000,– Euro an Aufwandersatz zugesprochen werden und der Bescheid behoben wird mit der Begründung, dass die Berufungsbehörde doch innerhalb der 15-monatigen Frist des § 51 Abs. 7 VStG (die für die Berufungsbehörde zum Zeitpunkt der Entscheidung aber gar nicht gegolten hat) zu entscheiden gehabt hätte. Bedauerlich ist ja auch, dass viele offene Rechtsfragen, deren höchstgerichtliche Lösung nicht nur für die Behörden, sondern auch für die Beschuldigten von wesentlicher Bedeutung gewesen wären, unbeantwortet geblieben sind. Gerade die (bei ihren Kontrollen oft mit schwierigen Umständen konfrontierten) Behörden könnten den Eindruck gewinnen, dass sie im Kampf gegen die Schwarzarbeit (vom Verwaltungsgerichtshof) allein gelassen werden.

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