Richterbesoldung: An der Schmerzgrenze der Prädikatsjuristen

© dpa Auch Roben sind nicht billig: Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts am Mittwoch in Karlsruhe
© dpa Auch Roben sind nicht billig: Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts am Mittwoch in Karlsruhe

Nur in Deutschland und Armenien verdienen Richter im ersten Jahr weniger als der Durchschnitt der Bevölkerung. Das Bundesverfassungsgericht muss nun entscheiden, welche Besoldung angemessen ist.

 von Helene Bubrowski (FAZ)

Von dem Weg in die „gesicherte Armut“ sprechen manche Juristen, wenn sie sich nach dem zweiten Staatsexamen für das Richteramt entscheiden, statt Anwalt in einer großen Wirtschaftskanzlei zu werden. Die Redewendung klingt zynisch, weil kein deutscher Richter in Armut leben muss. Allerdings beträgt das Bruttoeinstiegsgehalt eines Richters im Schnitt etwa 41.000 Euro im Jahr, während das Einstiegsgehalt manches Wirtschaftsanwalts bei mehr als 100.000 Euro liegt. Die formalen Anforderungen für beide Karrierewege sind identisch: Zwei Prädikatsexamina – das schaffen, je nach Bundesland, nur etwa zehn Prozent der Absolventen.

Anlass für die Verhandlung am Mittwoch vor dem Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts war die Entwicklung der Gehälter. Die finanzielle Ausstattung der Richter sei hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung zurückgeblieben, argumentierten Richter aus Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt sowie ein Oberstaatsanwalt aus Rheinland-Pfalz. Sie beschwerten sich über eingefrorene Gehälter und die Streichung von Weihnachtsgeld. Das Bundesverfassungsgericht muss nun die Frage beantworten, welche Besoldung für einen Richter angemessen ist.

Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle machte gleich zu Beginn deutlich, dass er starke Zweifel am bestehenden System hat. So nannte er es „irritierend“, dass in Deutschland nur 1,5 Prozent der Gesamtausgaben für die Justiz verwendet würden – unter den 43 europäischen Ländern sei das nur der 30. Platz.

Der Gesetzgeber müsse bei der Festsetzung des Gehalts das „Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft“, „die Verantwortung des Amtes“ sowie die erforderliche Ausbildung des Amtsinhabers berücksichtigen. Das sei die notwendige Konsequenz des Streikverbots.

Das Gehalt müsse der besonderen Bedeutung von Richtern Rechnung getragen, forderte Christoph Heydemann vom Bund der Deutschen Verwaltungsrichter. Als „Sachwalter der dritten Gewalt“ nähmen sie eine Sonderrolle ein: Anders als die „Beamtenschar“ würden sie im Grundgesetz direkt erwähnt. Richterliche Unabhängigkeit erfordere zudem, dass sie nicht aus finanziellen Gründen auf die nächste Beförderung angewiesen seien.

Sachverständige des Statistischen Bundesamts unterbreiteten dem Senat am Mittwoch sehr konkrete Vorschläge: aus dem Nominallohnindex, dem Verbraucherpreisindex und anderen Indices könne man eine Bezugsgröße ermitteln, die der Landesgesetzgeber nicht unterschreiten dürfe.

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