
Im Einklang mit den rechtsstaatlichen Standards des Europarates, der Europäischen Union und den Empfehlungen der EU-Rechtsstaatlichkeitsberichte der letzten Jahre fordert der Dachverband der Verwaltungsrichter:innen (DVVR) seit langem auch für die Leitungsfunktionen (Präsident/in und Vizepräsident/in) transparente, objektiv nachvollziehbare Auswahlverfahren; wesentlich ist dabei auch die maßgebliche Einbindung unabhängiger richterlicher Gremien in sämtliche Phasen der Besetzung.
Der Dachverband hatte sich in der Vergangenheit gegen die Praxis ausgesprochen, auch leitende Richterstellen auf der Grundlage sogenannter Sideletter zu besetzen. Im aktuellen Regierungsprogramm für die Jahre 2025–2029 werden unter dem Kapitel „Transparente Personalauswahl und -besetzung“ die Vorschlagsrechte für Ernennungen anstelle von den in Sidelettern genannten politischen Parteien künftig dem Bundeskanzler, dem Vizekanzler und dem ranghöchsten Regierungsmitglied der NEOS – allesamt zugleich Obleute der maßgeblichen politischen Parteien – zugeordnet. „Das Vorschlagsrecht für den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts liegt beim Bundeskanzler“, so das aktuelle Regierungsprogramm.
Auf der Elektronischen Verlautbarungs- und Informationsplattform des Bundes ist nun bis 9. Jänner 2026 die genannte Stelle ausgeschrieben. Die im Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes vorgesehene Kommission für Besetzungsvorschläge (§ 2 Abs. 3 BVwGG) genügt nicht europarechtlichen Anforderungen: so sind keine gewählten richterlichen Mitglieder vertreten und die kraft Amtes vorgesehenen Richter (Präsidenten der drei Höchstgerichte) sind gegenüber den anderen Mitgliedern in der Minderzahl.
Der Dachverband wiederholt seine Forderung, auch für Leitungsfunktionen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit Besetzungsverfahren einzurichten,
- in die – europäischen Vorgaben für rechtsstaatliche Justizsysteme entsprechend – unabhängige richterliche Gremien entscheidend eingebunden werden, von deren Reihung nur begründet abgewichen werden darf (wie dies etwa § 33a RStDG für den Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit vorsieht),
- die entscheidenden Auswahlerwägungen auch transparent zu machen (die Besetzung höchster Ämter in unserer Republik ist „res publica“, also von öffentlichem Interesse) und
- letztlich auch eine effektive Überprüfung von Auswahlentscheidungen durch unabhängige Gerichte vorzusehen.
Nur so kann das Vertrauen in die unpolitische Leitung der Verwaltungsgerichtsbarkeit und deren Unabhängigkeit dauerhaft gewahrt werden.
Hier geht es zur Stellungnahme des Dachverbandes …
Siehe auch: Vizepräsident:in für das größte Gericht Österreichs gesucht
Stellungnahme des Dachverbandes zu Postenbesetzungen laut Regierungsprogramm 2025-2029