Nationalrat: Immer mehr Initiativanträge statt Regierungsvorlagen und immer kürzere Begutachtungsfristen

Waren zu Beginn der 27. Gesetzgebungsperiode im Jahr 2019 noch 81 % Begutachtungsverfahren mit Regierungsvorlagen 19 % Initiativanträgen gegenübergestanden, so hat sich das Verhältnis während COVID vollständig umgekehrt. Im Jahr 2022 gab es 65 % Initiativanträge zu Gesetzesbeschlüssen und nur in 34 % Begutachtungsverfahren. Auf den Stand vor der Pandemie ist man im Nationalrat auch 2023 noch nicht zurückgekehrt, da nach wie vor mehr Gesetzesbeschlüsse aufgrund von Initiativanträgen (56 %) erfolgen.

Damit hat sich der mit der Corona-Krise eingeleitete Trend fortgesetzt, den Gesetzgebungsprozess durch parlamentarische Initiativen zu beschleunigen. Auch auf leere Gesetzeshülsen – sogenannte „Trägerraketen“ – die erst im Ausschuss oder gar erst im Plenum mit Inhalt befüllt wurden, griffen die Koalitionsparteien in mehreren Fällen zurück. Äußerst kritisch wird diese Entwicklung von der Opposition gesehen, auch wenn in einzelnen Fällen ein fehlendes Begutachtungsverfahren vom zuständigen Fachausschuss nachgeholt wurde. Auch die sich zuletzt noch einmal häufende Vertagung von Oppositionsanträgen sorgte für Unmut.

Seit Beginn der Gesetzgebungsperiode (am 23.10.2019) hat der Nationalrat bereits 929 Gesetzesbeschlüsse gefasst und damit den bisherige Rekordwert von 648 Beschlüssen in der 24. Gesetzgebungsperiode (28.10.2008 bis 28.10.2013) deutlich übertroffen. Einer der Gründe dafür könnte in der Corona-Pandemie liegen, da in diesem Zusammenhang zahlreiche gesetzliche Sonderbestimmungen beschlossen und zum Teil mehrfach verlängert und verändert wurden.

Aus der Statistik der Parlamentsdirektion lässt sich auch entnehmen, dass die Begutachtungsfristen immer kürzer wurden. Betrug die durchschnittliche Dauer der Begutachtungsverfahren 2019 noch 36 Tage, so dauerten die Begutachtungsverfahren im Jahr 2024 bisher nur mehr durchschnittlich 26 Tage. Über die gesamten Gesetzgebungsperiode betrachtet dauerten die Begutachtungsverfahren durchschnittlich 29 Tage, jedoch betrug bei 82 Begutachtungsverfahren die Dauer nicht einmal 3 Wochen, bei 24 Verfahren weniger als zwei Wochen und bei neun Verfahren sogar kürzer als eine Woche.

Auch dieser Trend zu kürzeren Begutachtungsfristen verstärkt sich erneut im Jahr 2024, da bereits 14 Begutachtungsverfahren nicht einmal drei Wochen, fünf Verfahren kürzer als zwei Wochen und drei Begutachtungsverfahren sogar weniger als zehn Tage gedauert haben.

Siehe dazu die Jahresberichte des Nationalrats auf der Parlamentshomepage: Berichte Nationalrat

Siehe auch: Tagungsbilanz des Nationalrats 2023/24: 214 Gesetzesbeschlüsse, 207 Ausschusssitzungen, mehr als 3.000 schriftliche Anfragen

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