Impfpflichtgesetz: Verfahrensrechtliche Sonderbestimmungen sollen Verwaltungsgerichte entlasten

Die überarbeitete Fassung des Impfpflichtgesetzes enthält u.a. Sonderbestimmungen für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten. Diese sind nach Auffassung der Bundesregierung zur „Regelung des Gegenstands“ im Sinne des Art. 136 Abs. 2 B-VG unbedingt erforderlich.

In § 13 des neuen Entwurfs ist ein Absehen von der Verhandlung vor den Verwaltungsgerichten, die Beiziehung von Amtsärzten und Epidemieärzten als Amtssachverständige und eine Verlängerung der Verjährungsfrist auf 24 Monate vorgesehen. Nach den Erläuterungen sind angesichts der zu erwartenden systematischen Versuche einer Unterlaufung der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch Massenverfahren die vorgesehenen Abweichungen geradezu geboten, um das Ziel des Gesundheitsschutzes nicht zu unterlaufen. Dazu wird auch auf die Stellungnahme des Dachverbandes der Verwaltungsrichter im Begutachtungsverfahren verwiesen.

Absehen von der Verhandlung

Das Absehen von einer Verhandlung soll trotz Vorliegens eines Parteienantrags zulässig sein, wenn in der Beschwerde lediglich die Verfassungswidrigkeit des Impfpflichtgesetzes vorgebracht wird und weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch die Grundfreiheiten nach der Europäischen Grundrechte-Charta dem entgegenstehen. Ob sich in vielen Fällen ein Beschwerdevorbringen auf dieses Argument wird reduzieren lassen können, erscheint aus Sicht der Praxis sehr fraglich. Jedenfalls besteht die Gefahr, dass gegen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte, die ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ergehen, vermehrt die Höchstgerichte erfolgreich angerufen werden.

Beiziehung von Amtssachverständigen

Die Beiziehung von Amtssachverständigen in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten ist nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig, die Auswahl der Amtssachverständigen obliegt aber ausschließlich den Gerichten, da diese die Qualifikation des Amtssachverständigen und das Vorliegen etwaiger Befangenheitsgründe bzw. Gründe für den Anschein der Befangenheit zu prüfen haben. Schon bisher hatten die Verwaltungsgerichte immer wieder Probleme für bestimmte Materien – dazu zählt in einigen Bundesländern auch der Gesundheitsbereich – ausreichend bzw. geeignete Amtssachverständige zu finden. Dieses Problem dürfte sich schon alleine auf Grund der hohen Zahl der zu erwartenden Verfahren weiter verschärfen. Ein Entlastungseffekt kann durch diese Regelung nicht erkannt werden.

Verlängerung der Verjährungsfrist

Gleiches gilt für die vorgesehene Verlängerung der Verjährungsfrist für Verwaltungsstrafverfahren nach den Impfpflichtgesetz von 15 Monaten auf 24 Monate. Die Erläuterungen sprechen in diesem Zusammenhang von einer „vorübergehend exponentiell höhere“ Belastung der Verwaltungsgerichte. Nach den Berechnungen der Bundesregierung ist alleine im ersten Jahr des Inkrafttretens der Impfpflicht mit rund 100.000 Beschwerdeverfahren zu rechnen, die von den rund 330 VerwaltungsrichterInnen an den Landesverwaltungsgerichten – zusätzlich zur bestehenden Arbeitsbelastung – entschieden werden sollen. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Arbeitsbelastung nicht durch eine Verlängerung der Entscheidungsfrist um wenige Monate, sondern – wenn überhaupt – nur mit mehr Richterinnen und Richter bewältigt werden kann. Dazu schweigt der Entwurf allerdings.

Hier geht’s zur überarbeiteten Version des COVID-19-Impfpflichtgesetzes…

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