VfGH Judikatur / AuslBG: Mitwirkung der Sozialpartner bei Ausländerbeschäftigung aufgehoben

Höchstgericht kippt Mitwirkung der Sozialpartner bei Ausländerbeschäftigung

Sozialpartner werden beim AMS entmachtet. VfGH kippt die Mitbestimmung von ÖGB, Wirtschaftskammer und Co bei Beschäftigungsbewilligungen. Aufgehobene Regelung kann aber vorerst weiter gelten.

Ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs, das am Dienstag bekanntgeworden ist, wird für politischen Wirbel sorgen. Das Höchstgericht hat die Mitbestimmung der Sozialpartner bei der Vergabe von Beschäftigungserlaubnissen an Drittstaatsangehörige gekippt.

Konkret geht es um die Regionalbeiräte, die es in allen AMS-Geschäftsstellen gibt. Sofern eine Beschäftigungsbewilligung an einen Drittstaatsangehörigen, also zum Beispiel einen Türken, Afghanen, Russen oder Ukrainer, erteilt werden soll, müssen eine Reihe allgemeiner Voraussetzungen erfüllt sein. Der Ausländer darf zum Beispiel nicht weniger verdienen, als im Kollektivvertrag vorgesehen ist.

Sozialpartner entscheiden

Es muss aber immer zusätzlich der Regionalbeirat beim AMS zustimmen. Diesem gehören neben einem AMS-Vertreter auch je ein Vertreter von Gewerkschaft, Wirtschaftskammer, der Industriellenvereinigung und der Arbeiterkammer an.

Diese Struktur sei verfassungswidrig, weil so der eigentlichen Behörde, dem AMS, die Entscheidungsgewalt in der Sache entzogen sei, so die Höchstrichter.

Beschwerde eines Asylwerbers

Die Beschwerde geht auf einen Fall zurück, bei dem ein Asylwerber wegen der Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung das Höchstgericht angerufen hatte. Es handelte sich um einen Pakistaner, der von einem oberösterreichischen Betrieb eine Lehrstelle zugesagt bekommen hatte. Die zuständige AMS-Geschäftsstelle verweigerte ihm allerdings die Beschäftigungsbewilligung.

Das kam so: In Österreich regelten zwei Erlässe aus dem Arbeitsministerium, wann Asylwerber Zugang zum Jobmarkt haben. Der schon ältere Bartenstein-Erlass legte fest, dass Asylwerber nur als Erntehelfer oder Saisonarbeiter eingesetzt werden dürfen. Ein zweiter Erlass der ehemaligen Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hebelte dann den Zugang von Asylwerbern zur Lehre aus.

VfGH schritt ein

Der Verfassungsgerichtshof hob in einer Entscheidung im Frühjahr 2021 beide Erlässe auf. Begründung: Erlässe haben nur eine interne Wirkung innerhalb der Verwaltung, sind also keine Gesetze oder Verordnungen. Die beiden erwähnten Erlässe haben aber die zuständigen AMS-Geschäftsstellenleiter verpflichtet, immer gegen die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung im Regionalbeirat zu stimmen.

Im Zuge der Entscheidung kündigte das Höchstgericht auch eine Prüfung der AMS-Regionalbeiräte an – nun hat er die Entscheidung gefällt.

§ 4 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 20. März 1975, mit dem die Beschäftigung von Ausländern geregelt wird (Ausländerbeschäftigungsgesetz AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975, idF BGBl. Nr. I 56/2018 wird als verfassungswidrig aufge-
hoben. 
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. Juni 2023 in Kraft.

Hier geht’s zum Beitrag im Standard …

Hier geht’s zur Entscheidung des VfGH G 232/2021 vom 1412.2021 …

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