Volksbegehren: „Sand im Getriebe“ im Rechtsstaat

Ein gestern vorgestelltes Volksbegehren fordert ein umfassendes Reformpaket zur Korruptionsbekämpfung und Sicherung der Unabhängigkeit der Justiz, Stärkung der Ermittlungsbehörden und Sanktionen bei Verstößen gegen die Parteienfinanzierung.

Was uns vereint ist das Thema der Sorge um den Rechtsstaat“, führte Martin Kreutner, früherer Leiter der Internationalen Antikorruptionsakademie, als Grund für die Initiative an. Es seien dringend Reformen notwendig, „weil Korruption den Rechtsstaat unterhöhlt“. Der „schlampige Umgang“ mit dem Thema Korruption habe dazu geführt, dass das Problem „systemisch“ geworden sei, die jüngsten Verdachtsfälle hätten dazu geführt, dass das System an der Kippe stehe, beklagte der ehemalige ÖVP-Justisprecher Michael Ikrath.

40 Prozent nutzten „Freunderlwirtschaft“

Das Global Corruption Barometer von Transparency international kam zum Schluss, dass es in Österreich mehr Korruption als im EU-Schnitt gibt. Demnach haben sowohl mehr Menschen hierzulande für öffentliche Leistungen bestochen als auch Freundschaftsdienste in diesem Sektor angenommen als im EU-Schnitt. Für das Barometer wurden rund 40.600 Personen in 27 EU-Mitgliedsstaaten befragt, davon 903 in Österreich. In Österreich gaben neun Prozent der Befragten an, eine öffentliche Dienstleistung in Anspruch genommen haben und dafür Bestechungsgelder bezahlt zu haben. Damit liegt man über dem EU-Durchschnitt von sieben Prozent.

Auch „Freunderlwirtschaft“ ist hierzulande weiter kein Fremdwort. 40 Prozent erklärten, in den letzten zwölf Monaten persönliche Kontakte genutzt zu haben, um eine öffentliche Dienstleistung zu erhalten. Auch in dieser Kategorie findet sich Österreich deutlich über dem EU-Durchschnitt von 33 Prozent. Neun Prozent der befragten Personen in Österreich gaben an, entweder selbst mit einer Forderung sexueller Natur für eine Gegenleistung konfrontiert gewesen zu sein oder jemanden zu kennen, dem das widerfahren ist. Auch hier liegt Österreich zwei Prozent über dem EU-Durchschnitt. Dies sollte die Alarmglocken schrillen lassen, meinte Luca Mak, Geschäftsstellenleiter von Transparency in einer Aussendung.

Offenbar haben zumindest die Befragten den Ist-Zustand schon zu einem guten Teil hingenommen. Weniger als die Hälfte der Bevölkerung war davon überzeugt, Korruption verhindern oder minimieren zu können. Einmal mehr ist der Wert schlechter als im EU-Schnitt, wo sich 67 Prozent zuversichtlich zeigten.

Transparente Auswahlverfahren, verbindliche Besetzungsvorschläge

In insgesamt 72 Punkten werden Vorschläge für mehr Anstand und Integrität in der Politik, die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, die Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz, eine moderne und umfassende Antikorruptions- und Transparenzgesetzgebung sowie um Pressefreiheit, Medienförderung und Bekämpfung der Inseratenkorruption gemacht.

Für den Bereich der Justiz wird konkret gefordert, die Ernennungsverfahren von Richterinnen und Richtern sowie von Staatsanwältinnen und Staatsanwälten transparent und von der Politik unabhängig zu gestalten. Für sämtliche Stellen von Richterinnen und Richtern soll es verbindliche Besetzungsvorschläge eines richterlichen Gremiums geben. Dies soll sinngemäß auch für die Ernennung von Staatsanwältinnen und Staatsanwälten sowie für Richteramtsanwärterinnen und Richteramtsanwärter gelten.

Dazu den Beitrag in der Wiener Zeitung lesen …

Hier geht’s zum Text des Volksbegehrens …

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