Die vom Gesundheitsminister zu Beginn der Corona-Krise verordneten Ausgangsbeschränkungen werden nun doch ein Fall für den Verfassungsgerichtshof.
Das Verwaltungsgericht Wien hat das mit der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID-19 Maßnahmengesetzes, BGBl. II Nr. 98/2020 in der Fassung BGBl. II Nr. 108/2020, verordnete Betretungsverbot als gesetzwidrig angefochten.
Im Anlassfall hat der Magistrat der Stadt Wien über den Beschwerdeführer wegen einer Übertretung § 2 des COVID-19-Maßnahmengesetzes iVm § 1 der Verordnung des Gesundheitsminister gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl. II Nr. 98/2020 idF BGBl. II Nr. 108/2020 eine Geldstrafe in Höhe von € 500,– (Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Stunden) verhängt.
Dem Beschwerdeführer war vorgeworfen worden, Anfang April einen Park in Wien, somit einen öffentlichen Ort, betreten zu haben und gegenüber anderen näher genannten Personen, mit denen er nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, um einen Tisch gesessen zu seien und dabei den Mindestabstand von einem Meter nicht eingehalten zu haben. Der Aufenthalt am angeführten Ort sei auch nicht durch die aufgrund der in § 2 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes aufgezählten Ausnahmen gerechtfertigt. Dagegen hatte der Bestrafte Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien erhoben.
Das Gericht hat nun Bedenken, ob das Betretungsverbot von der Verordnungsermächtigung des § 2 COVID-19-Maßnahmengesetzes rechtlich gedeckt ist. Nach Auffassung des Gerichts kann nach dem Wortlaut dieser Bestimmung das verordnungsgebende Organ nur das Betreten „bestimmter“ Orte, im Umkehrschluss jedoch nicht das Betreten aller Orte durch Verordnung untersagen. Es wird dazu auf die Erläuterungen verwiesen, welche beispielhaft Kategorisierungen von Orten, wie Kinderspielplätze oder Gemeinden aufzählen, wobei offenbar stets eine räumliche Eingrenzung des Verbotsbereiches angestrebt wurde.
Durch die angefochtene Verordnung sei das vom Gesetzgeber angestrebte Regel-Ausnahme-Prinzip in grundrechtsrelevanter Weise dahingehend umgekehrt worden, dass die Grundregel (… das Betreten öffentlicher Orte verboten) in einem strafbewehrten Verbot bestehe. Das Verwaltungsgericht Wien stellte daher den Antrag, die entsprechende Bestimmung, in eventu die Verordnung teilweise oder zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben. (Hinweis: Der Antrag betrifft jene Fassung der angefochtenen Verordnung, die bis zum Ablauf des 13.4.2020 in Kraft war)
Siehe dazu auch: Was die Betretungs-Verordnung wirklich verbietet und was nicht