Digitale Überwachung (2): San Francisco verbietet Gesichtserkennung

Als erste Stadt in den USA hat San Francisco den Einsatz von Gesichtserkennungstechnologie durch Behörden verboten. Die Gefahr, dass der Einsatz solcher Technologie die Bürgerrechte verletzen könne, überwiege die vermeintlichen Vorteile bei Weitem, entschied der Stadtrat.

Der Einsatz von Gesichtserkennung drohe ethnische Ungerechtigkeit zu verschärfen und „bedroht unsere Möglichkeit, frei von ständiger Beobachtung durch die Regierung zu leben“, heißt es in dem Stadtratsbeschluss der kalifornischen Metropole am Dienstag (Ortszeit).

Die städtische Polizei und andere städtische Behörden dürfen gemäß der Entscheidung keine Gesichtserkennungstechnologie erwerben, besitzen oder nutzen. „Wir haben eine gute Überwachung, ohne ein Polizeistaat zu sein“, zitierte der „San Francisco Chronicle“ Stadtratsmitglied Aaron Peskin, der das Verbot dem Bericht zufolge eingebracht hatte. Gerade San Francisco als „Tech-Hauptquartier“ habe hier Verantwortung zu übernehmen und müsse neue Technologien daher genau regulieren, so Aaron.

Flughafen und Hafen ausgenommen

Der Stadtrat beschloss mit acht Stimmen und einer Gegenstimme zudem, dass San Franciscos Behörden offenlegen müssen, welche Überwachungstechnologie sie nutzen. Er behält sich ferner die Kompetenz vor, den Einsatz neuer Technologie zum Sammeln und Speichern von Personendaten zu genehmigen.

Das Verbot muss dem Bericht zufolge aber noch eine weitere Abstimmung in diesem Gremium passieren und dann von Bürgermeisterin London Breed unterschrieben werden, bevor es in Kraft tritt. Der Flughafen und der Hafen werden ausgenommen sein, da sie unter Bundeskompetenz fallen.

„Starker Eingriff in die Privatsphäre“

Die Technologie der Gesichtserkennung breite sich in den USA schnell aus, sei aber noch weitgehend unreguliert, wie die „Washington Post“ schreibt. Kritikerinnen und Kritiker argumentieren, Systeme zur Gesichtserkennung könnten zur Massenüberwachung missbraucht werden und einen starken Eingriff in die Privatsphäre bedeuten. Zudem drohe die Gefahr, dass Unschuldige fälschlicherweise als Straftäter identifiziert werden.

Die US-Bürgerrechtsorganisation ACLU warnte, mit der Technologie könne die Öffentlichkeit wahllos und ohne konkreten Verdacht oder Anhaltspunkt flächendeckend überwacht werden, und begrüßte den Beschluss des Stadtrats. Auch andere Städte sollten ähnliche Schutzmaßnahmen zum Schutz der Sicherheit und der Bürgerrechte einführen, hieß es in einer Stellungnahme.

„Potenziell nützliches“ Sicherheitsinstrument

Befürworter der Technologie halten dem entgegen, Gesichtserkennung helfe der Polizei im Kampf gegen die Kriminalität und bringe mehr Sicherheit. Die Organisation „Stop Crime SF“ etwa sagte, sie sei sich zwar einig, dass es derzeit Probleme mit der Gesichtserkennungstechnologie gebe, dennoch werde sich diese in den nächsten Jahren verbessern und könnte ein nützliches Sicherheitsinstrument sein, wenn sie verantwortungsbewusst eingesetzt werde. „Wir sollten uns die Tür für diese Möglichkeit offen halten“, so Joel Engardio, der Vizepräsident der Gruppe.

Kritisch äußerte sich auch Catherine Stefani, die als Einzige im Stadtrat dagegen stimmte. Sie sei besorgt darüber, dass Sicherheitskräften der Zugang zu einem potenziell nützlichen Instrument zur Aufklärung von Straftaten versperrt werden könnte, sagte Stefani der Zeitung zufolge. Ähnlich sieht das Meredith Serra, Mitglied der Gruppe „Stop Crime SF“. Dass die Menschen im öffentlichen Raum Privatsphäre erwarten, sei angesichts der zunehmenden Verbreitung von Mobiltelefonen und Überwachungskameras nicht zumutbar.

China als „Worst Case“-Szenario

Die ACLU verwies in einem Bericht der „New York Times“ hingegen auf das „Worst Case“-Szenario China, wo Behörden Gesichtserkennung einsetzen, um Angehörige der muslimischen Minderheit der Uiguren landesweit zu überwachen. Chinas immenses Netz an rund 200 Millionen Überwachungskameras werde so programmiert, dass die Gesichtserkennung Uiguren aufgrund ihres Aussehens herausfiltern kann.

Hier den Beitrag auf orf.at lesen …

 

Siehe dazu auch:

China – Überwachungsstaat „made in USA“

 

 

Teilen mit: