In einem Brief an den Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, fordert der Präsident der Polnischen Richtervereinigung „Justizia“die EU auf, geeignete Maßnahmen gegen die Versuche der polnischen Regierung zu unternehmen, die Richter durch Disziplinarverfahren unter Druck zu setzen.
Unabhängigkeit der Gerichte wird bezweifelt
Die Disziplinargerichtsbarkeit war im Zuge der umstrittenen Justizreform neu organisiert, u.a. war eine neue Disziplinarkammer beim Obersten Gerichts eingerichtet worden. Vor die neuen Disziplinarkammern sollen Richter gezogen werden, deren Urteile juristische Zweifel auf sich gezogen haben. So wurde im September 2018 vom neuen Oberdisziplinarrichter ein Disziplinarverfahren gegen zwei Bezirksrichter aus Warschau und Łódź eingeleitet, die es gewagt hatten, den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) wegen bestimmter Paragrafen der Justizreform anzurufen. Sie hatten beim EuGH sinngemäß angefragt, inwiefern ihre Bezirksgerichte noch als unabhängige Gerichte im Sinne der EU-Charta gelten könnten, wenn ihnen neuerdings eine regierungshörige Disziplinarkommission drohe. Beide haben zur Untermauerung Urteile eingereicht, wegen derer sich die Regierung an ihnen nun rächen könnte.
Disziplinarverfahren verletzen Rechtsstaatlichkeit
Beide Bezirksrichter wurden noch im alten Jahr als Zeugen vor die Disziplinarkammer zitiert. „Damit wurde ein repressives System von Disziplinarverfahren angeschoben“, klagte Krystian Markiewicz, der Vorsitzende der unabhängigen Richtervereinigung Iustitia, in dem Brief an die EU-Kommission. „Ich bin überzeugt, dass solche systematischen Disziplinarverfahren gegen Richter ihr Recht auf einen Richterspruch und damit die Rechtsstaatlichkeit verletzen.“
Regierung besetzt Gerichtspräsidien mit eigenen Leuten
In der Tat sind die Bezirksgerichte für die allermeisten Bürger wichtiger als der von den Medien immer wieder beleuchtete Streit um das Oberste Gericht und Verfassungsgericht. Diese sind inzwischen im Windschatten der beiden anderen Auseinandersetzungen fast völlig umgestaltet worden. Bei den gewöhnlichen Bezirksgerichten hat sich Justizminister Ziobro, der auch Polens Oberstaatsanwalt ist, per Gesetz die Macht über die Gerichtspräsidien geben lassen. Wenngleich diese Kompetenzen im Sommer 2018 bei einer Goodwill-Aktion für Brüssel etwas beschnitten wurden, hat es die Regierung bis zu diesem Stichtag längst geschafft, die meisten Gerichtspräsidien mit eigenen Leuten zu besetzen.
Hier der Brief an die EU-Kommission im Original …
Hier die Auflistung der gegen Richter und Staatsanwälte geführten Disziplinarverfahren
Hier den Beitrag in der Presse lesen …