Östliche, EU-Mitgliedstaaten pochen auf Freizügigkeit, westliche Länder befürchten Lohndumping: Nun hat sich die EU grundsätzlich auf neue Regeln für das Arbeiten im europäischen Ausland geeinigt.
Die EU will Millionen entsandte Arbeitnehmer in Europa besser vor Sozial- und Lohndumping schützen. Nach monatelangen Verhandlungen haben Unterhändler des Europäischen Parlaments, der einzelnen EU-Länder und der EU-Kommission in der Nacht eine Grundsatzeinigung erzielt.
Sozialkommissarin Marianne Thyssen sprach von einem Durchbruch und einem ausgewogenen Kompromiss. Zentraler Punkt sei das Prinzip: gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit am selben Ort.
Offiziellen Angaben zufolge arbeiten gut zwei Millionen entsandte Kräfte in einem anderen EU-Land, Hunderttausende auch in Deutschland. Über die Reform der mehr als 20 Jahre alten EU-Entsenderichtlinie wird seit 2016 gestritten.
Östliche Mitgliedstaaten mit niedrigem Lohnniveau pochen auf Freizügigkeit ihrer Bürger, während die westlichen EU-Länder Lohndumping auf ihrem Arbeitsmarkt beklagen.
Entsendungen auf ein Jahr begrenzt
Vereinbart wurde nun den Unterhändlern zufolge, dass Entsendungen grundsätzlich auf zwölf Monate begrenzt sein sollen – mit der Möglichkeit einer Ausweitung auf 18 Monate.
Die entsandten Arbeitnehmer sollen von Anfang an die gleichen Tariflöhne wie ihre einheimischen Kollegen bekommen, einschließlich Extras wie ein dreizehntes Monatsgehalt oder Schlechtwetterzuschläge. Reise- oder Unterbringungskosten dürfen ihnen nicht vom Lohn abgezogen werden.
„Entsandte Arbeitnehmer bekommen häufig niedrigere Gehälter und haben weniger sozialen Schutz als einheimische Arbeitskräfte, einige leben unter schockierenden Bedingungen“, sagte die sozialdemokratische Unterhändlerin des Europaparlaments, Agnes Jongerius. „Das muss sich ändern.“
Die neuen Regeln sollten dazu führen, dass Entsandte vom ersten Tag an geschützt sind und die Abwärtsspirale im Wettbewerb um Niedriglöhne und die schlechtesten Bedingungen gestoppt wird.
Unterschiede bei der Sozialversicherung
Unterschiede bleiben bei der Sozialversicherung, bestätigte Thyssen. Die entsandten Arbeitnehmer dürfen sich in der heimischen Kranken- oder Rentenversicherung versichern, deren Beiträge in Osteuropa teils viel niedriger sind als in Westeuropa. Dadurch sind die Lohnkosten unter dem Strich bei entsandten Arbeitnehmern nach wie vor günstiger als bei einheimischen.