Die Rechtsprechung zum fortgesetzten Delikt im Bereich der Vorsatztaten kann nicht zur Folge haben, dass im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz die wiederholte Begehung derselben Verwaltungsübertretung im Rahmen eines erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs stets zu einer separaten Bestrafung jeder einzelnen der Taten zu führen hat.
Im Revisionsfall hatte ein Unternehmen eine Vielzahl von Werbemails an einen Empfänger ohne dessen Einwilligung geschickt. Wegen Übertretungen des Telekommunikationsgesetzes 2003 wurde für jede einzelne Email eine Geldstrafe von EUR 500,- verhängt. Begründet wurde die Bestrafung von der Behörde damit, dass die Versendung der E-Mails automatisiert erfolgt, weshalb es auch zur Versendung einer solch großen Anzahl gekommen sei. Es liege fahrlässige Tatbegehung vor, daher bleibe kein Raum für die Annahme eines fortgesetzten Delikts, sodass eine separate Bestrafung der Zusendungen zu erfolgen habe.
Das Bundesverwaltungsgericht gab der dagegen erhobenen Beschwerde statt und verhängte eine Geldstrafe von EUR 500,-. Zur Begründung wurde ausgeführt, die festgestellten E-Mail-Zusendungen seien – ungeachtet der fahrlässigen Begehungsweise – als Teilakte eines fortgesetzten Delikts zu beurteilen. Die Zusendungen seien von einem Unternehmen aus erfolgt, das im Rahmen des Gesamtkonzepts seiner Unternehmenstätigkeit E-Mails wie die hier in Rede stehenden zu Zwecken der Direktwerbung versende. Dagegen erhob die Behörde außerordentliche Revision und nahm dabei Bezug auf die bisherige Rechtsprechung des VwGH.
Im Erkenntnis vom 03.05.2017, Zl. Ra 2016/03/0108,schloss sich der Gerichtshof der Rechtsausfassung des Bundesverwaltungsgerichtes an und führte aus, die Rechtsprechung zum fortgesetzten Delikt im Bereich der Vorsatztaten könne nicht zur Folge haben, dass im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz die wiederholte Begehung derselben Verwaltungsübertretung im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs stets allgemein zu einer separaten Bestrafung jeder einzelnen der wiederholt begangenen Taten zu führen habe.
Damit würde nämlich der fahrlässige Täter – den zwar nach § 5 Abs 1 VStG das geringere Verschulden trifft, über den aber aufgrund der Häufung der einzelnen Strafen eine insgesamt höhere Strafsumme verhängt wird – im Ergebnis strenger bestraft werden können als der Vorsatztäter, den zwar im Sinne des § 5 Abs 1 VStG die schwerer wiegende Schuld trifft, über den aber – soweit er ein fortgesetztes Delikt verwirklicht hat – nur eine einzige Gesamtstrafe zu verhängen ist.
Vor diesem Hintergrund könne dem Verwaltungsgericht nicht entgegen getreten werden, wenn es die im vorliegenden Sachverhalt verwirklichten, in ihrer Begehungsform gleichartigen, nach den äußeren Begleitumständen ähnlichen und zeitlich eng zusammenhängenden Einzeltaten als eine Tat beurteilt und – auch ungeachtet der vom Verwaltungsgericht angenommenen bloß fahrlässigen Begehungsweise – dafür nur eine Strafe verhängt hat.