„3 Jahre Verwaltungsgerichtsbarkeit neu“ (3): Hohe Akzeptanz der Entscheidungen

parlament-headerIm Verfassungsausschuss, der gestern tagte, waren sich die Fraktionen des Nationalrats einig: Die Akzeptanz der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte ist hoch.

So werden mehr als 90% der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht angefochten. Bei den Verwaltungsgerichten der Länder ist dieser Prozentsatz noch höher.

Großes Lob für neue Verwaltungsgerichtsbarkeit

Ausschussvorsitzender Peter Wittmann (S) erinnerte daran, dass mit der Einführung der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit 120 Behörden aufgelöst wurden. Seiner Meinung nach hätte sich „die größte Verwaltungsreform seit 1929“ ein breiteres Echo in der Öffentlichkeit verdient. Abgeordneter Johann Singer (V) hob aus der Sicht eines Bürgermeisters insbesondere die rasche und praxistaugliche Abwicklung von Verfahren hervor. Für ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl ist die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit ein gutes Beispiel dafür, dass Reformen bei entsprechendem Wollen möglich sind. Großes Lob kam auch von Seiten der Opposition, durch das neue System habe man europäische Rechtsschutzstandards in der Verwaltung sichergestellt, sagte etwa Harald Stefan (F).

Noch nicht ganz zufrieden sind Albert Steinhauser (G) und Nikolaus Scherak (N) mit der Sicherstellung der Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichte und der Durchlässigkeit zwischen ordentlicher Gerichtsbarkeit und Verwaltungsgerichtsbarkeit. Steinhauser kritisierte insbesondere die jüngste Bestellung dreier ehemaliger Ministersekretäre als Verwaltungsrichter und meinte, eine solche Vorgangsweise wäre in der Justiz undenkbar. Auch Scherak sieht -unabhängig von der Qualifikation der Betroffenen – eine äußerst schiefe Optik.

28.000 Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht

Die Zahl der neu anhängigen Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht ist laut Perl sukzessive gestiegen, und zwar von 20.000 im Jahr 2014 auf 23.000 im Jahr 2015 und 28.000 im Jahr 2016, wobei von den 28.000 76% Asylverfahren waren. Diese werden weiter zunehmen, ist Perl überzeugt. Um den Andrang zu bewältigen, wurde die Zahl der Planstellen deutlich aufgestockt. Das Bundesverwaltungsgericht ist mittlerweile mit 592 Planstellen, 220 davon für RichterInnen, das größte Gericht Österreichs.

Dass weniger als 10% der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts angefochten werden, ist für VwGH-Präsident Thienel ein Zeichen für die hohe Akzeptanz der Entscheidungen. Auch bei den Verwaltungsgerichten der Länder ist die Revisionsquote laut Patrick Segalla, Präsident des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich, ähnlich gering. Ihm zufolge hat es, mit Ausnahme einiger weniger Kompetenzkonflikte, auch so gut wie keine Umstellungsprobleme gegeben. Die Verfahrensdauer sei mit durchschnittlich fünf Monaten sehr niedrig. Die Verwaltungsgerichte würden einen wirksamen Rechtschutz leisten, ist Segalla insgesamt überzeugt.

Verfahrensrecht soll in einzelnen Punkten noch verbessert werden

Was das Verfahrensrecht betrifft, sehen sowohl Segalla als auch Perl die Notwendigkeit, noch an einzelnen Schrauben zu drehen, wiewohl sie grundsätzlich zufrieden sind. Als ein offenes Feld sehen sie etwa die Frage der „Präklusion“, also des Verfahrensschlusses. Kanzleramtsminister Drozda plant, in den nächsten zwei Monaten dazu einen Gesetzentwurf vorzulegen. Langfristig kann sich Segalla auf Basis von Erfahrungen in der Praxis auch ein neu kodifiziertes Verfahrensrecht für die Verwaltungsgerichte vorstellen.

Unisono skeptisch äußerten sich Perl, Segalla, Thienel und Bierlein zum Vorschlag, die Ausbildung von VerwaltungsrichterInnen an jene von RichterInnen der ordentlichen Gerichtsbarkeit anzugleichen. Perl und Thienel gaben zu bedenken, dass eine fünfjährige berufliche Praxis ein Ernennungserfordernis für VerwaltungsrichterInnen sei. Man brauche schließlich die Expertise von Personen, die aus der Verwaltung kommen, sagte Thienel. In der ordentlichen Gerichtsbarkeit sei das System mit dem richterlichen Vorbereitungslehrgang und der vierjährigen Ausbildung dagegen ein anderes, so Bierlein. Segalla machte überdies geltend, dass VerwaltungsrichterInnen – im Gegensatz zu RichterInnen – von Anfang an in der Rechtsmittelinstanz tätig sind. Es gebe aber gemeinsame Fortbildungsangebote, auch an einem einheitlichen richterlichen Berufsbild werde gearbeitet.

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