VfGH / Judikatur: Rechtspfleger dürfen über baupolizeiliche Aufträge entscheiden

vfghlogoIn seinem nunmehr sechsten (!) Erkenntnis zur Entscheidungskompetenz der beim Verwaltungsgericht Wien tätigen Rechtspfleger hat der Verfassungsgerichtshof nun entschieden, dass es verfassungsrechtlich zulässig ist, Beschwerden gegen baupolizeiliche Aufträge durch Rechtspfleger entscheiden zu lassen (VfGH 25.11.2015, G 404/2015).

Der Antrag des Verwaltungsgerichts Wien, die diesbezügliche Zuständigkeitsnorm als verfassungswidrig aufzuheben, wurde abgewiesen.

Der Verfassungsgerichtshof führte dazu in der Begründung aus, die Wiener Bauordnung sehe baupolizeiliche Aufträge zur Behebung von Abweichungen von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften vor. Auch Abbruchaufträge seien im Rahmen dieser Vorschriften möglich. Obgleich diesen Verfahren verschiedene Fallkonstellationen zugrunde liegen könnten, würden diese Verfahren in einer regelmäßig vorgegebenen und vergleichbaren Wiese ablaufen.


Es liege ihnen ein insgesamt sachlich eng begrenztes Rechtsgebiet zugrunde, in welchem sich weitestgehend vorhersehbare und in ihrem Umfang überschaubare Sach- und Rechtsfragen stellten. Dass die Erteilung baupolizeilicher Aufträge grundsätzlich in den Schutzbereich von Grundrechten eingreifen könne, begründe entgegen der Ansicht des antragstellenden Gerichts für sich keine Komplexität des Verfahrens, welche die wesensmäßige Eignung zur Übertragung dieser Agenden an Rechtspfleger in Zweifel ziehe. Auch die ausnahmsweise aufwändige Verfahrensführung in diesen Angelegenheiten würde an dieser Einschätzung nichts ändern, da sie nicht das Wesen der Angelegenheit berührten.

Soweit das antragstellende Gericht vorbringe, die Durchführung der mündlichen Verhandlung sei jedenfalls ungeeignet, von Rechtspflegern besorgt zu werden, sei auszuführen, dass die für die Beurteilung, ob ein baupolizeilicher Auftrag zu erteilen ist, maßgeblichen Grundlagen vorrangig durch Urkunden und Sachverständigengutachten nachzuweisen seien.

Anders als in Verwaltungsstrafverfahren, in welchen im Regelfall Beweise zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu erheben und entsprechend zu würdigen seien, wären im Rahmen einer allenfalls durchzuführenden mündlichen Verhandlung keine einem Verwaltungsstrafverfahren gegen eine bestimmte Person vergleichbaren Wertungen und Abwägungen anzustellen. Vielmehr stellten sich in den hier maßgeblichen Verfahren vorrangig Rechtsfragen, deren Sachverhaltsgrundlagen in der Regel auf Grund der Aktenlage beurteilt werden können, weshalb die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch nicht immer zwingend geboten sei.

Auch soweit das antragstellende Gericht Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Übertragung der Durchführung der mündlichen Verhandlung an Rechtspfleger im Hinblick auf Art 6 EMRK hege, teile der VfGH diese Bedenken nicht, da die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor einem Gericht iSd Art 6 EMRK nach Erhebung der Vorstellung gemäß § 54 VwGVG gewährleistet sei.

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