Höchstgericht: Wenn ÖNORMEN zu Recht werden

presse-logoDer Verfassungsgerichtshof entschied, dass Normen, die für verbindlich erklärt worden sind, gratis zugänglich sein müssen.

(Die Presse)

Bekannt ist das Dilemma seit Jahrzehnten, wirklich gelöst wurde es bis heute nicht: Einerseits hat laut Normungsgesetz nur das Normungsinstitut (ASI) das Recht, ÖNORMEN herauszugeben und zu vervielfältigen (oder gegen Entgelt die Vervielfältigung zu gestatten). Darauf beruht sein Geschäftsmodell, mit dem es sich zu 95 Prozent selbst finanziert. Andererseits wurden viele ÖNORMEN durch Gesetz oder Verordnung für verbindlich erklärt, auf noch mehr wird zumindest verwiesen. Auf Bundesebene betrifft das aktuell 380 nationale Normen, auf Landesebene 369.

Muss man für verbindlich erklärte Normen auch beim ASI kaufen? Oder müssten sie im Sinne der Rechtsstaatlichkeit gratis zugänglich sein? Wiederholt landete diese Frage beim Verfassungsgerichtshof (VfGH)

 

Im kürzlich entschiedenen Fall war die ÖNORM zwar durch Landesverordnungen für verbindlich erklärt, aber nicht kundgemacht worden. Der Vervielfältigung steht laut VfGH trotzdem nichts im Weg – denn der Verordnungsgeber habe sich den Inhalt der Norm „gleichsam zu eigen gemacht“. Bleibt die Frage: Wer muss diese Inhalte nun gratis bereitstellen? Nicht das Normungsinstitut, sondern der Gesetz- oder Verordnungsgeber, der auf die Norm verwiesen hat, ist der Standpunkt des ASI. Mit dem Bund gibt es dazu eine Vereinbarung aus dem Jahr 1991, mit den Ländern noch nicht.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 11.06.2015)

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