„Entkriminalisierung“ des illegalen Glückspiels: Verfassungskonform aber unionsrechtswidrig ?

Der Verfassungsgerichtshof hat mit seiner Entscheidung (G 203/2014-16)den Bedenken der antragstellenden Verwaltungsgerichte, die Sanktionierung des illegalen Glückspiels ausschließlich durch Verwaltungsstrafen sei verfassungsrechtlich bedenklich, eine Absage erteilt.

Der Gerichtshof folgte der  Argumentation des Bundeskanzleramtes, dem Gesetzgeber stehe es grundsätzlich frei, für ein Verhalten, das er als strafwürdig erachtet, strafgerichtliche oder verwaltungsstrafrechtliche Sanktionen vorzusehen.
Mit dieser vom Verfassungsgerichtshof als rechtpolitisch zulässig erachtete Vorgangsweise, praktisch nur verwaltungsstrafrechtliche Sanktionen gegen das illegale Glückspiel vorzusehen, begibt sich der Gesetzgeber unionrechtlich gesehen – einmal mehr – auf dünnes Eis:

Denn in der Rechtssache C-390/12 (Pfleger ua) hat der EuGH dezidiert ausgesprochen, dass die Einschränkung des Glückspiels durch die Erteilung von Konzessionen nur dann gerechtfertigt ist, wenn damit tatsächlich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und „ in kohärenter und systematischer Weise …. die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität“ bekämpft wird.

Zu dieser mit dem Glückspiel verbundenen Kriminalität zählen insbesondere Betrug und Geldwäsche, welche in immer größerem Ausmaß im Rahmen der organisierten Kriminalität stattfindet. Wie von den antragstellenden Verwaltungsgerichten zutreffend festgestellt wurde, stehen im Verwaltungsstrafverfahren – anders als im gerichtliche Strafverfahren – keine adäquaten Instrumentarien zur Strafverfolgung zur Verfügung. Über diese Instrumentarien verfügt nur die Staatsanwaltschaft bei der Führung des Ermittlungsverfahrens.

Wenn der Gesetzgeber jetzt das illegale Glückspiels ausschließlich durch Verwaltungsstrafen sanktionieren will , welche wesentlich geringfügigere Folgen als strafgerichtliche Verurteilungen nach sich ziehen, könnte diese Wertung dahingehend interpretiert werden, dass in Österreich die Kriminalität und/oder die Spielsucht im Bereich des Glückspiels tatsächlich kein erhebliches Problem darstellen. Wenn dem wäre, läge aber kein Rechtfertigungsgrund für die Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit im Bereich des Glückspiels vor.

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