Im Dickicht des Föderalismus (1)

6901684c94d301f0In Österreich gibt es unglaublich viele, unglaublich teure Parallelstrukturen; die Praxis des Finanzausgleichs entkoppelt Einnahmen- und Ausgabenverantwortung

Beim Förderwesen versickern geschätzte 15 Mrd. Euro jährlich in einem weitgehend unkoordinierten und vielfach intransparenten Nebeneinander von Bund und Länder. Das schreibt der Verfassungsrechtler Theo Öhlinger im seinem im Jahr 2013 erschienenen Buch „Österreich 2050“.

In Zahlen ausgedrückt: 99 Bezirke, 2357 Gemeinden, 64 Bundesräte, 77 Landesräte und 448 Landtagsabgeordnete, 141.000 Landes- und 74.000 Gemeindebeamte. Nur fünf andere Staaten weltweit, darunter Exoten wie Mikronesien, leisten sich eine so üppige Regionalbürokratie wie Österreich. Das hat die Zeitschrift „Profil“ im Jahr 2010 recherchiert.

Was bei dieser Aufzählung noch fehlt, sind die 120 Sonderbehörden, die bis zum 31.12.2013 für den Rechtsschutz im öffentlichen Recht verantwortlich waren.


Mehrgleisigkeiten werden deutlich sichtbarer
Die historisch gewachsene, aber längst nicht mehr zeitgemäße Aufgabenaufteilung zwischen Bund und Länder hat zu verwaltungsbehördlichen Mehrgleisigkeiten geführt, für die nicht nur den Rechnungshof immer deutlichere Kritik findet, sondern die auch die neuen Verwaltungsgerichte vor gravierende Probleme stellen. Denn die Bündelung des Rechtsschutzes bei den elf neuen Verwaltungsgerichten führt nicht nur zu mehr Transparenz in der Verfahrensführung, es wird auch die Absurdität vieler paralleler Verfahrensführungen erst richtig deutlich.

Diese Parallelität führt dazu, dass ein Lebenssachverhalt von mehreren Behörden beurteilt wird und die gerichtlichen Beschwerdeverfahren bei bis zu drei verschiedenen Verwaltungsgerichten landen. Die Verfolgung der „Schwarzarbeit“ oder der Vollzug des Glückspielrechts können hier als besondere Beispiele dienen, der Umweltschutz, der Hochwasserschutz oder die Schulverwaltung ebenso.

Divergierende Entscheidungen – Gefahr für den Rechtsstaat

Je mehr  Behörden oder Gerichte ein- und denselben Sachverhalt beurteilen müssen, desto größer wird die Gefahr divergierender Entscheidungen. Das zeigt die Erfahrung, nicht nur in Österreich. Ebenso zeigt die Erfahrung, dass eine unterschiedliche Entscheidungspraxis bei Behörden und Gerichten eine Erosion des Rechtsstaates bewirkt, weil bei den BürgerInnen der Eindruck entsteht, behördliches oder gerichtliches Handeln sei nicht mehr berechenbar und vorhersehbar. Dann ist es nicht mehr weit zum nächsten Schritt, bei dem den entscheidenden Beamten und Richtern unlautere Motive für ihre Entscheidungen unterstellt werden.
Tbc

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