OGH: Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestellung von Sachverständigen durch Staatsanwalt

In seiner Entscheidung vom 11.8.2014, 17 Os 25/14a, hat der Oberste Gerichtshof erstmals verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmungen der Strafprozessordnung über den Sachverständigenbeweis geäußert.

Der Grund dafür besteht darin, dass im strafgerichtlichen Ermittlungsverfahren ein Sachverständiger im Normalfall von der Staatsanwaltschaft bestellt wird. Nach Ansicht des Senats führt dies dazu, dass der von der Staatsanwaltschaft bestellte Sachverständige, soweit sich die Anklage begründend auf seine Expertise stützt und ihn das Gericht für das Hauptverfahren neuerlich zum nunmehr auch gerichtlichen Sachverständigen bestellt, als von einer Verfahrenspartei nicht unabhängiger Zeuge der Anklage zu qualifizieren ist. Die Bedenken an der Verfassungskonformität betreffen § 126 Abs 4 dritter Satz StPO im Zusammenspiel mit § 126 Abs 2c und 3 erster Halbsatz StPO.


Diese Entscheidung wird auch die Diskussion über die Heranziehung von Amtssachverständigen durch die neuen Verwaltungsgerichte neu entfachen und dem Argument, Amtssachverständige seien sowohl wegen der Weisungsgebundenheit als auch wegen ihrer organisatorischen und dienstrechtlichen Integration in die Verwaltungsorganisation nicht unabhängig, neuen Auftrieb geben.

Im Anlassverfahren haben diese verfassungsrechtlichen Bedenken zu keiner Normanfechtung durch den OGH geführt, weil unabhängig von dieser Frage ein Freispruch geboten war.

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