Aus Anlass einer Anfechtung des § 17 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) durch das Verwaltungsgericht Tirol hat sich der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 18.Juni 2014 erstmals mit dem Verhältnis der Bestimmungen des VwGVG zu den subsidiär anzuwendenden Bestimmungen des AVG auseinandergesetzt.
Der Verfassungsgerichtshof teilt in seiner Entscheidung nicht die vom VG Tirol geäußerten Bedenken, der Ausschluss der Anwendbarkeit des IV. Teils des AVG beschränke die Entscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte in unsachlicher Weise.
Der Verfassungsgerichtshof stellt fest, dass aus Art. 130 Abs. 4 B-VG iVm § 28 VwGVG eine grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltungsgerichte zur reformatorischen Entscheidung mittels Erkenntnisses abzuleiten ist. In den Fällen des Art. 130 Abs. 4 B-VG sind die Verwaltungsgerichte somit von Verfassungs wegen verpflichtet, eine reformatorische und nicht eine „kassatorische“ (also aufhebende und zurückverweisende) Entscheidung zu treffen.
Ein Verwaltungsgericht hat daher nach Auffassung des VfGH in einem Falle, in dem der Sachentscheidung der Verwaltungsbehörde eine „res iudicata“ entgegenstand oder eine sonstige Prozessvoraussetzung fehlte, keine prozessuale, sondern eine meritorische und (grundsätzlich auch) reformatorische Entscheidung in Form eines Erkenntnisses zu treffen.
Wenn im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hervorkommt, dass es schon bei Bescheiderlassung durch die belangte Behörde an einer Prozessvoraussetzung mangelte, so kann das Gericht auf Grundlage § 28 VwGVG – bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 130 Abs. 4 B-VG –, die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrages zum Inhalt seiner Sachentscheidung zu machen.