Höchstgericht hebt das Verbot einer Radler-Demonstration als verfassungswidrig auf: Polizei und Innenministerium haben Gefahr für öffentliche Sicherheit und öffentliches Wohl überbewertet.
Die Demo hatte 2011 aber ohnehin stattgefunden.
Benedikt Kommenda (DiePresse.com)
Ein „autofreier Tag“ auf der Wiener Ringstraße muss möglich sein. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat ein durch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner in zweiter Instanz bestätigtes Verbot einer solchen Demonstration als verfassungswidrig aufgehoben. Die Radfahrer hatten sich von der polizeilichen Untersagung im Jahr 2011 zwar ohnehin nicht beeindrucken lassen und die Kundgebung auf einem Teil der Straße um die Innenstadt durchgeführt; das Höchstgericht gibt der „Interessensgemeinschaft Fahrrad“ als Veranstalterin nun aber auch in aller Form Recht: Polizei und Innenministerium hatten die Gefahr für die öffentliche Sicherheit und das öffentliche Wohl überbewertet, die Begründung des Verbots war für den VfGH „nicht nachvollziehbar“.
Der Gerichtshof kritisiert, dass die Behörde die zu erwartenden „schwerwiegenden Verkehrsbehinderungen“ als Grund für das Verbot habe genügen lassen, obwohl es den Veranstaltern genau darum gegangen sei, öffentliche Verkehrsflächen für ihre Kundgebung zu benützen. Statt der Tatsache der Behinderung hätte also deren vorhersehbares Ausmaß gewürdigt werden müssen. Und das war, wie schon in den Jahren 2007 bis 2010 die Demonstrationen mit dem beziehungsvollen Namen „Rasen am Ring“ gezeigt hatten, nicht so groß einzustufen, dass man sich um die öffentliche Ordnung hätte sorgen müssen. Auch die Demonstrationen 2009 und 2010 hatten an Werktagen stattgefunden – mit der Folge eines „zähflüssigen Verkehrsaufkommens“ und „ausgedehnter Stauungen“, die aber im Lichte der verfassungsmäßig garantierten Versammlungsfreiheit hinzunehmen waren. Was den Donnerstag gegenüber anderen Werktagen besonders auszeichnen soll, blieb übrigens unerfindlich.
Insgesamt war für den VfGH „nicht nachvollziehbar, inwiefern die von der beschwerdeführenden Partei beabsichtigte Versammlung eine so schwerwiegende Gefahr der öffentlichen Sicherheit oder des öffentlichen Wohles hervorrufen hätte können, dass ihre Untersagung gemäß Art. 11 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt war“