Die Wiener Landesregierung hat bereits zum zweiten Mal beim Verfassungsgerichtshof die Frist zur Erstattung einer Stellungnahme im Anfechtungsverfahren gegen das Organisationsgesetz des Verwaltungsgerichtes Wien beantragt und bewilligt erhalten.
Damit wird eine Behandlung der Anfechtung der Wiener Oppositionsparteien in der laufenden Session des Verfassungsgerichtshofes immer unwahrscheinlicher. Sollte der Verfassungsgerichtshof Teile des Gesetzes aufheben, wird es praktisch unmöglich werden, diese Bestimmungen noch zu sanieren, bevor das Gericht seine Arbeit aufnimmt.
Diese Vorgangsweise erscheint umso unverständlicher, als die Anfechtung tragende Säulen der Gerichtsorganisation betrifft und Aufhebungen durch den Verfassungsgerichtshof gravierende Folgen hätten: Sollte die „organisatorische Verzahnung“ (© EuGH) von kontrollierter Behörde und Gericht als verfassungs- bzw. unionsrechtswidrig angesehen werden, fehlt es in Wien an einer unabhängigen Rechtsschutzinstanz.
Sollte die Ausgestaltung der rechtlichen Stellung der Landes-Rechtspfleger als verfassungswidrig angesehen werden, würden dem Gericht jährlich für 6.000 Verfahren die Richter fehlen. Und sollte die Konstruktion des Geschäftsverteilungsausschusses als verfassungswidrig erachtet werden, ist jede einzelne Entscheidung des Gerichts von der Aufhebung bedroht.
Neue Probleme drohen
Probleme drohen aber auch in anderen Bereichen: Das Wiener Dienstrechtsgesetz sieht vor, dass das Verwaltungsgericht Wien in Dienstrechtsangelegenheiten gegen Magistratsbedienstete durch einen Senat mit Laienrichter entscheidet. Da diese Laienrichter ausschließlich Magistratsbedienstete sein müssen, entspricht diese Konstruktion vermutlich nicht den Garantien des Art 6 EMRK.
Und folgt man der Auffassung des Bundeskanzleramtes in seiner Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes über das Verwaltungsgericht Wien (VGWG) vom 11. 10. 2012 ist auch das Rechtsmittel der Vorstellung gegen Erkenntnisse, die von Landesrechtspflegern erlassen wurden, verfassungswidrig.