Karlsruhe: Die zweifelhaften Deals vor Gericht

Das oberste deutsche Gericht muss über die Praxis vor den anderen Gerichten urteilen

Das Bundesverfassungsgericht wird am Dienstag entscheiden, ob sich die Strafprozesse in deutschen Gerichtssälen grundsätzlich ändern müssen.

Von Ursula Knapp, Frankfurter Rundschau

Es geht um den Deal, wie er beispielsweise im Prozess gegen den früheren VW-Manager Peter Hartz praktiziert wurde. Nach vorangegangener Absprache zwischen Gericht, Angeklagtem und Staatsanwaltschaft verlas der Verteidiger ein Geständnis. Hartz erhielt den zuvor versprochenen Strafrabatt. Der Prozess ging ohne Beweisaufnahme zu Ende. Diese Praxis könnte künftig verfassungswidrig sein.

Vor allem bei Wirtschaftsstraftaten, bei denen viele Zeugen vernommen und umfangreich Beweise erhoben werden müssen, neigen die Gerichte zu Deals. Damit können sie die Prozessdauer verkürzen. Die Angeklagten kommen aber häufig trotz schwerer Straftaten mit Bewährungsstrafen billig davon.

Studie erschüttert Karlsruher Richter

Anlass für das Urteil sind drei Verfassungsbeschwerden. In einem Fall geht es um einen Polizisten, der während des Dienstes zwei Raubüberfälle begangen haben soll. Das Gericht legte ihm ein Geständnis nahe und sicherte ihm eine zweijährige Bewährungsstrafe zu. Andernfalls erwarte ihn eine Mindeststrafe von vier Jahren. Nach einem Formalgeständnis wurde die Bewährungsstrafe ohne weitere Beweisaufnahme zugesprochen. Der Beamte widerrief später sein Geständnis, er sei unter Druck gesetzt worden.

Die Verletzung der Vorschriften durch Richter kann dabei nicht als Ausrutscher gelten. In der vom Bundesverfassungsgericht in Auftrag gegebenen Studie räumte mehr als ein Viertel der befragten Richter aus Nordrhein-Westfalen ein, außerhalb der Vorschriften „informelle“ Absprachen zu treffen. Nur 23 Prozent gaben an, sich streng an das Gesetz von 2009 zu halten. Die restlichen Juristen gaben ausweichende Antworten.

Es war diese Studie von Karsten Altenhain, die die Karlsruher Richter erschütterte. Informelle Absprachen, wie in Nordrhein-Westfalen, würden laut Altenhain wohl in ganz Deutschland getroffen. Der Begriff „informelle Absprachen“ sei eine Beschönigung, sagte Verfassungsrichtern Gertrude Lübbe-Wolff. Das seien illegale Verständigungen.

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