Mit der Lizenz zur Berufung

james-bond_barrel_logoDer UVS prüft Beschwerden von Bürgern, die sich durch die „öffentliche Gewalt“ in ihren Rechten verletzt sehen.

Bregenz. (VN-reh) Am 7. Jänner 1991 wurde der damalige Präsident des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Vorarlberg (UVS) auf seinem Weg zur Arbeit von einem Pkw erfasst und verletzt. Noch schneller als seine Genesung traf die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft ein. Er habe die Straße gequert, ohne die nahegelegene Unterführung zu benutzen. Der Präsident war zwar von seiner Schuldlosigkeit überzeugt, sah aber von einem Einspruch ab, weil dieser Fall sonst mit großer Wahrscheinlichkeit zum ersten Strafberufungsverfahren vor dem UVS geführt hätte.

 Unabhängiges Tribunal

Nun, 22 Jahre später, hat sich viel getan. Bestand der UVS 1991 noch aus drei Mitgliedern, hatte vier Zuständigkeiten und 276 Rechtssachen im Jahr zu beantworten, sind es heute 10 Mitglieder, über 100 verschiedene Zuständigkeiten und jährlich 1600 Rechtssachen. Der UVS ist formell eine unabhängige Verwaltungsbehörde, materiell ein unparteiisches und unabhängiges Gericht. Oder anders gesagt: ein unabhängiges Tribunal, das die Rechtmäßigkeit der Verwaltung kontrolliert. Er tritt dann in Erscheinung, wenn gegen einen Bescheid von Behörden berufen wird. Das heißt, er entscheidet beispielsweise über Berufungen gegen Bescheide von Bezirkshauptmannschaften wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung, der Gewerbeordnung, des Auslän­derbeschäftigungsgesetzes, Baugesetzes oder bei Schubhaftbeschwerden. Auch der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Handelskonzerns Metro, Eckhard Cordes, hat im Streit um seine Ferienwohnung in Lech den Unabhängigen Verwaltungssenat angerufen. Denn zuvor hatte ihm die BH Bludenz untersagt, die Wohnung zu vermieten. Oder eine Vorarlbergerin, die ihren Führerschein verloren hat, weil sie in betrunkenem Zustand, aber angeblich auf Anweisung der Polizei, ein Auto umparkte.

In 10 Jahren hat noch nie jemand versucht, Einfluss zu nehmen

In den meisten Fällen geht es um Geldstrafen. Behandelt werden auch Beschwerden von Personen, die behaupten, von behördlichen Organen in ihren Rechten verletzt worden zu sein. Zudem kann der UVS auch verfassungswidrige Gesetze bzw. gesetzwidrige Verordnungen beim Verfassungsgerichtshof anfechten. Die größte Herausforderung sind mittlerweile aber die Verfahren nach dem Glücksspielgesetz. „Diese sind in den vergangenen Jahren regelrecht explodiert. Bei Glücksspielautomaten wird sehr viel kontrolliert, und hier wird prinzipiell gegen jeden Bescheid auch berufen“, erklärt UVS-Präsident Mag. Nikolaus Brandtner. Bei den anderen Fällen, die zum UVS kommen, sei meist kein Fehler der zuständigen Behörde vorangegangen, das Problem sei eher, dass viele erstmal nicht reagieren, wenn sie einen Bescheid bekommen.

„Einer ist immer beleidigt“

Für Brandtner ist die Arbeit beim UVS auch nach vielen Jahren noch spannend. „Gerade die richterliche Tätigkeit macht es für mich aus. Dazu kommt, dass wir weisungsfrei und unabhängig sind.“ Natürlich könne man es nicht allen recht machen. „Einer ist immer beleidigt.“ Im nächsten Jahr wird der UVS dann zum Landesverwaltungsgericht aufgewertet, das bedeutet noch mehr Aufgaben, der Umzug von der Römerstraße in das Gebäude der BH Bregenz und weitere spannende Verhandlungen für Nikolaus Brandtner und sein Team.

Kennzahlen
Unabhängiger Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg (UVS)
» 1991 nahm der UVS seine Tätigkeit auf
» Präsident: Mag. Nikolaus Brandtner
» 12 Mitarbeiter sind beschäftigt (10 Vollzeitäquivalente)
» insgesamt 108 Zuständigkeiten (nach Gesetzen)
» 2012 sind 1600 Rechtssachen angefallen (+ 5,6 % gegenüber 2011), der Großteil davon im Glücksspielrecht, der Straßenverkehrsordnung, dem Kraftfahr- sowie dem Führerscheingesetz
» Bei 51 % der erledigten Fälle kommt es zu einer mündlichen Verhandlung. 42,5 Prozent der Strafberufungen werden abgewiesen, bei knapp einem Viertel wird der Berufung zur Gänze stattgegeben, bei rund 17 % teilweise stattgegeben, bei 2 % wird die Strafe herabgesetzt, 6 % werden zurückgewiesen
 
VorarlbergerNachrichten.at …
 
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