Neues Gericht: Doch mehr Unabhängigkeit

Nach harscher Kritik ändert Wien den Gesetzesentwurf für ein Verwaltungsgericht.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 26.11.2012)

Wien: Moderne Landesverwaltungsgerichte sollen künftig Entscheidungen von Landesbehörden überprüfen können: Das ist Teil der Verwaltungsgerichtsreform, die einhellig als wichtig gepriesen wird. Fast ebenso einhellig jedoch wurde die Novelle zur Umsetzung dieses Plans für das Bundesland Wien verrissen. Wie im Vorfeld (u. a. in der „Presse“) berichtet, brachte die Begutachtungsphase harsche Kritik.

Die Novelle sei „ein deutlicher Rückschritt“ gegenüber dem derzeitigen Rechtsschutzstandard, befand die Vereinigung der Mitglieder der Unabhängigen Verwaltungssenate. Der „überschießende Einsatz von Rechtspflegern“ führe eine erstinstanzliche Verwaltungsgerichtsbarkeit „ad absurdum“, so die Richtervereinigung. Auch der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts bemängelte Verfassungswidrigkeiten. Zu den zentralen Vorwürfen zählte, dass der (nach politischen Überlegungen bestellte) Präsident des Gerichts und sein Vizepräsident durch Vorschlagsrechte für die Besetzung jenen Ausschuss dominieren, der für die sensible Zuteilung der Geschäftsfälle an die einzelnen Richter zuständig ist.

Beschluss noch heuer geplant

Nun ruderte die rot-grüne Wiener Regierung in aller Stille zurück. Wobei man beim kleinen Koalitionspartner, den Grünen, betont: Ohne die Änderungen hätte man der Novelle auch nicht zugestimmt. Der neue Entwurf, der am 13. Dezember beschlossen werden soll, liegt zwar noch nicht vor, dem Vernehmen nach sind aber unter anderem folgende Änderungen vorgesehen: Das kritisierte Vorschlagsrecht des Präsidenten für den Geschäftsverteilungsausschuss fällt weg. Auch die Notfallskompetenz des Präsidenten wird gestrichen, sprich, Akten dürfen Richtern nur nach Beschluss des Ausschusses entzogen werden. Der (breite) Einsatz der Rechtspfleger wird reduziert, heikle Maßnahmen müssen beim Richter bleiben. Und: Richter dürfen Akte von Rechtspflegern jederzeit (und nicht nur in schwierigen Fällen) an sich ziehen.

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