EuGH: Verfahrensordnung umfassend überarbeitet

Am 1. November 2012 ist die überarbeitete Fassung der Verfahrensordnung in Kraft getreten. Auch das Vorabentscheidungsverfahren ( Artikel 93 bis 114 der Verfahrensordnung) hat einige wesentliche Änderungen erfahren.

In Artikel 94 der Verfahrensordnung ist nunmehr beschrieben, welchen Inhalt ein Vorabentscheidungsersuchen haben muss. Diese Vorschrift ist im Zusammenhang mit Artikel 53 Absatz 2 der Verfahrensordnung zu sehen, wonach unter anderem auch bei offensichtlich unzulässigen Ersuchen dieses durch mit Gründen versehenen Beschluss zurückgewiesen werden kann.

Nach Artikel 96 in Verbindung mit Artikel 97 Absatz 1 der Verfahrensordnung können vor dem Gerichtshof die Parteien des Ausgangsrechtsstreits Erklärungen abgeben. Artikel 97 Absatz 1 legt dazu fest, dass Parteien des Ausgangsrechtsstreits diejenigen sind, die vom vorlegenden Gericht gemäß den nationalen Verfahrensvorschriften als solche bezeichnet werden. Insoweit besteht nunmehr auch die Möglichkeit, dass nach nationalem Recht am nationalen Verfahren beteiligte Dritte sich auch an dem Verfahren vor dem Gerichtshof beteiligen können.

Neu ist die Vorschrift zur Anonymität in Artikel 95 der Verfahrensordnung:

Anders als nach den deutschen Regeln werden die Parteinamen in den Veröffentlichungen des Gerichtshofs sowohl im Amtsblatt der EU als auch auf der curia-website nicht anonymisiert. Soweit Fallrecht in der Praxis zitiert wird, erfolgt dies demgemäß im Regelfall mit dem Fallnamen, also dem Namen der beteiligten Parteien. Artikel 95 der Verfahrensordnung enthält dazu nun erste Beschränkungen. Völlig neu ist der Ansatz in Artikel 95 Absatz 2, wonach eine Anonymisierung der vom Rechtsstreit betroffenen Personen oder Einrichtung unter anderem auf Ersuchen des vorlegenden Gerichts erfolgen kann. Im Hinblick auf die restriktive Veröffentlichungspraxis in Deutschland regt das Bundesministerium der Justiz an, von dieser Möglichkeit bei deutschen Vorabentscheidungsersuchen Gebrauch zu machen.

Hinzuweisen ist auch auf die neue Regelung des Artikel 100 Absatz 1 Satz 2 der Verfahrensordnung hinsichtlich der Fristenregelung für die Berücksichtigung der Rücknahme des Ersuchens durch das vorlegende Gericht. Ferner haben sich auch bei den Vorschriften zum beschleunigten Vorabentscheidungsverfahren sowie zum Eilvorabentscheidungsverfahren einige Änderungen ergeben.

Die Verfahrensordnung kann in deutscher Sprache auf der Seite des Gerichtshofs  abgerufen werden.

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