Am Montag werden die ersten „Alpbacher Rechtsgespräche“ eröffnet. Zum Auftakt warnt Rechtspolitiker Pichler vor einem inakzeptablen Absturz der Rechtsakzeptanz.
BENEDIKT KOMMENDA (Die Presse)
„Rechtsakzeptanz im freien Fall?“ Diese Frage steht als Titel über den zweitägigen Alpbacher Rechtsgesprächen, die heute, Montag, eröffnet werden. Für Johannes W. Pichler, Direktor des Österreichischen Instituts für Rechtspolitik in Salzburg und Professor für Europäische Rechtsentwicklung in Graz, ist es allerdings gar keine Frage, sondern eine Feststellung: Ja, die Rechtsakzeptanz befinde sich im freien Fall, lautet seine These, und ihr dramatischer Absturz sei in einer Demokratie nicht mehr hinnehmbar.
Experten sind sich einig, dass die Unwirksamkeit einzelner Rechtsvorschriften – die Rettungsgasse auf Autobahnen mag dafür ein Beispiel sein – die Geltung des Rechts nicht hindert. „Geltungsbedingung ist vielmehr die Wirksamkeit der Rechtsordnung ,im Großen und Ganzen‘“, wie Clemens Jabloner, Verwaltungsgerichtshof-Präsident und ebenfalls Redner in Alpbach, formuliert. Weil aber eine Realisierung der Rechtsordnung nur über Zwang weder realistisch noch wünschenswert ist, bedürfte es zur Wirksamkeit des Rechts auch einer positiven inneren Einstellung zur Rechtsordnung.