Bringt Forschung die Schuld zum Verschwinden?

Wie reagieren Richter darauf, dass immer mehr Gewaltverhalten von Neurologen und Genetikern erklärt und damit juristischen, moralischen und philosophischen Kategorien entzogen wird? Ein US-Forscher erkundet es.

 Jürgen Langenbach (Die Presse)

Wen die Frage des biologischen Determinismus schon einem Biologen Probleme bereitet – wie gehen dann erst Richter um mit dem wachsenden Heer der Naturwissenschaftler im Gerichtssaal? James Tabery (University of Utah) hat es erkundet: Er hat einen fiktiven Fall zu Papier gebracht und 181 US-Richter um ihr Urteil gebeten.

Alle erfuhren, dass der Täter ein Psychopath ist, für die weiteren Informationen wurden vier Gruppen gebildet: Eine bekam die „Psychopathen“-Information von der Anklage, eine von der Verteidigung; und einmal stand da nur „Psychopath“, das andere Mal waren erklärende Expertisen beigelegt, sowohl von Hirnforschern als auch von Genetikern.

Theoretisch kann die Charakterisierung als „Psychopath“ nach zwei Richtungen wirken: strafmildernd, weil der Mann nicht zurechnungsfähig ist; strafverschärfend, weil so einer keine Bedrohung mehr werden darf. In der Praxis ging „Psychopath“ zulasten des Angeklagten, er erhielt durchschnittlich 13,93 Jahre, zwei Jahre mehr als für die Tat üblich. Aber wenn eine wissenschaftliche Erklärung dabei war und diese obendrein von der Verteidigung vorgetragen wurde, entdeckten die Richter mehr mildernde Umstände, dann verurteilten sie zu nur 12,83 Jahren.

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