Nun ist es offiziell: Die grenzüberschreitende Strafverfolgung von ausländischen Verkehrssündern funktioniert in der Praxis nicht. Das geht aus einem gemeinsamen Bericht von Verkehrsministerium, Innenministerium und Bundeskanzleramt hervor, berichtete der ÖAMTC.
Quelle: orf.at
Vor allem Italien, aber auch Frankreich und Ungarn verweigern die Kooperation. Mit Deutschland funktioniert die Zusammenarbeit gut.
„Stumpfe Waffe“
Der Bericht wertete die Erfahrungen der österreichschen Behörden auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden Halter- und Lenkerauskunft aus. Demzufolge sei das Gesetz in seiner derzeitigen Form „eine stumpfe Waffe zur Vollstreckung von Strafen im EU-Ausland“. Ausländische Behörden würden sich oft weigern, Halter- und Lenkerdaten ihrer Bürger, die Verkehrsübertretungen in Österreich begangen haben, bekanntzugeben.
Nahezu alle Bundesländer berichten, dass vor allem italienische Behörden so gut wie keine Auskünfte über deren Fahrzeughalter erteilen. Allein in der Steiermark werden jährlich rund 10.000 Strafverfahren eingestellt, die italienische Kennzeichen betreffen.
Ungarische Behörden wiederum würden österreichische Verwaltungsentscheidungen nicht akzeptieren und daher die Rechtshilfe ablehnen. Frankreich verweigert laut ÖAMTC in Berufung auf den Bericht die Zustellung österreichischer Strafzettel „konsequent und systematisch“. Einzig mit Deutschland funktioniere die gegenseitige Strafverfolgung.
„Frage von Sicherheit und Fairness“
„Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung rasch vor allem mit den Nachbarstaaten Vereinbarungen über die gegenseitige Auskunftserteilung und Amtshilfe schließt. Das gebietet nicht nur die Verkehrssicherheit auf heimischen Straßen, sondern auch die Fairness“, forderte ÖAMTC-Juristin Verena Pronebner.
Der Club verlangt, dass Österreich Daten über heimische Autofahrer nur dann an ausländische Behörden weitergibt, wenn gewährleistet ist, dass auch umgekehrt derartige Auskünfte an Österreich erteilt werden. Zudem müsse rasch ein EU-Gesetz beschlossen werden, das den unbürokratischen grenzüberschreitenden Austausch von Lenker- und Halterdaten sowie die Zustellung von Schriftstücken ermöglicht.
ARBÖ: EU muss Druck erhöhen
Der ARBÖ sieht die EU gefordert. Zum einen haben immer noch nicht alle Mitgliedsstaaten den entsprechenden EU-Rahmenbeschluss aus dem Jahr 2005 zum gegenseitigen Vollstreckungsabkommen für Verkehrsstrafen umgesetzt. „Die EU muss auf diese Umsetzung pochen“, sagte Sprecherin Lydia Ninz. Zweitens brauche es eine generelle Regelung, wie man gegenseitig die Rechtshilfe in Verwaltungsverfahren regelt. Am besten in Form einer Verordnung.
Ministerium: Arbeiten an Verbesserung
Laut Verkehrsministerium arbeite man intensiv daran, die Sachlage zu verbessern. Aktuell sei eine Novelle des Kraftfahrgesetzes (KFG) in Vorbereitung, damit Österreich rasch der EUCARIS (dem Europäischen Fahrzeug- und Führerschein-Informationssystem) beitreten kann, um den direkten Datenaustausch zu ermöglichen.
Die direkte Abfrage von Halterdaten würde den Wegfall des aufwendigen und oft erfolglosen Schriftverkehrs ermöglichen und wäre für die heimischen Behörden im verwaltungspolizeilichen Bereich eine enorme Hilfe und Erleichterung, etwa bei der Ermittlung von Fahrzeughaltern bei Radaranzeigen. Die technische Umsetzung würde dann in der Zuständigkeit des Innenministeriums liegen, sagte eine Sprecherin des Verkehrsministeriums.
Jedes sechste Delikt bleibt ohne Folgen
Das Ergebnis dieses aktuellen Berichts spiegelt auch den Befund des Landesrechnungshofes Salzburg über die Abwicklung von Verkehrsstrafen in der BH Hallein vom Jänner 2009 wider. Demzufolge blieben im Jahr 2007 von den rund 300.000 im Land Salzburg festgestellten Verkehrsdelikten rund 50.000 ungestraft, weil gegen die Verursacher in ihren Heimatstaaten nicht vorgegangen werden konnte. Die Daten des aktuellen Berichtes fußen auf einer Erhebung in den Bundesländern im Jahr 2009.