Verfassungskonformität der Corona-Maßnahmen: Prüfung durch Expertengruppe statt durch Verfassungsdienst

Gesundheitsminister Anschober reagiert auf die Zweifel an der Verfassungskonformität der Corona-Maßnahmen. Eine Gruppe renommierter Verfassungsexperten werde die Maßnahmen daraufhin prüfen, ob sie repariert werden müssen.

Nachdem Bundeskanzler Kurz die Kritik an der Rechtmäßigkeit der Corona-Maßnahmen zurückgewiesen hatte, gab der Gesundheitsminister bekannt, eine Gruppe renommierter Verfassungsexperten, darunter Ex-Justizminister Clemens Jabloner, werde prüfen, ob es bei Gesetzen, Verordnungen und Erlässen „Unschärfen“ gebe.

Neben Jabloner sollen Wolfgang Peschorn, Ex-Innenminister und Leiter der Finanzprokuratur, dem Gremium angehören, welche Verfassungsrechtler und Juristen aus den Ministerien sonst noch an Bord sind, wurde nicht bekannt gegebene (Siehe dazu:  Jabloner ortet Missstand bei Corona-Regeln).

Verfassungsdienst ist Rechtsgutachter des Bundes

Die Einsetzung einer Expertengruppe und der Verweis des Bundeskanzlers, die Prüfung der Verfassungskonformität der Corona Maßnahmen obliege den Juristinnen und Juristen im Gesundheitsministerium sorgte insofern für Überraschung, weil eine diesbezügliche Überprüfung zuständigkeitshalber durch den Verfassungsdienst des Bundes (VD) vorzunehmen ist.

Es war und ist seit jeher eine der zentralen Aufgaben des Verfassungsdienstes, alle Gesetzes- und Verordnungsentwürfe der fachzuständigen Ressorts zu begutachten und dazu Stellungnahmen abzugeben. Prüfungsmaßstab dieser Begutachtungen ist deren Übereinstimmung mit dem Verfassungsrecht, insbesondere auch mit den Grundrechten.

Mit 29. Jänner 2020 übernahm das Bundeskanzleramt – wieder – die im Bundesministerium für Justiz angesiedelte Sektion Verfassungsdienst. Ob eine Begutachtung der Verfassungskonformität der vom Sozial- und Gesundheitsminister  vorgeschlagenen Corona-Maßnahmen durch den Verfassungsdienst erfolgte bzw. welchen Inhalt diese Gutachten hatten, bleibt unklar.

Bereits lange vor der Corona Krise wurde aus dem Verfassungsdienst bekannt, dass die dort erstellten Rechtsgutachten bei der Regierung oft wenig Beachtung fanden. Das Misstrauen gegen „juristische Spitzfindigkeiten“ besteht also schon länger.

Siehe dazu: Freiheitsbeschränkung – Rettet den Rechtsstaat!

Und:  Grundrechte sind gesamtstaatliche Verantwortung auch in Krisenzeiten – Interview mit Manfred Matzka auf Ö1

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