Menschenrechte (1): Jubiläum ohne Feierstimmung

Vor 70 Jahren hat die UNO die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet. Bis heute gilt die Deklaration als ein Meilenstein der internationalen Gemeinschaft. Doch das Jubiläum wird weniger von Jubel als von besorgten Worten begleitet.

Erst vergangene Woche stellte die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, fest: „In vielen Ländern ist die fundamentale Erkenntnis, dass alle Menschen gleich sind und angeborene Rechte haben, unter Beschuss.“

Stefan Zweig war zwar seit sechs Jahren tot. Der 10. Dezember 1948 hätte sich dennoch einen Platz in seinen „Sternstunden der Menschheit“ verdient. Im Pariser Palais de Chaillot verabschiedete die noch ganz junge UNO an diesem Tag eines ihrer bis heute bedeutendsten Papiere. Geprägt von den Gräueln des Nationalsozialismus und den Schrecken des Zweiten Weltkriegs hatte die UNO-Menschenrechtskommission fast zwei Jahre um ein Dokument gerungen, das die Basis für ein friedliches Miteinander der Menschheit legen sollte.

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“, heißt es im ersten der insgesamt 30 Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Worin dieses Recht gründet, ob in der Natur, der Vernunft oder gar einem göttlichen Schöpfungswerk, lässt die Deklaration unbeantwortet. Eine Anknüpfung an Religion, Philosophie oder Tradition findet sich bewusst nicht. Menschen haben Rechte, einfach weil sie Menschen sind.

So wegweisend wie unverbindlich


So wegweisend die Deklaration war, so wenig verbindlich war das Dokument. Unter dem beginnenden Ost-West-Konflikt wurde in den Verhandlungen schnell klar, dass ein völkerrechtlicher Vertrag außerhalb der Möglichkeiten lag. Dazu kam: Auch in den westlichen Demokratien waren die geforderten Rechte noch nicht gänzlich Realität.

Strahlkraft entwickelte das Papier dennoch. „Die Erklärung war nur der Beginn eines sehr viel umfassenderen Kodifizierungsprozesses“, sagt der Wiener Völkerrechtsprofessor und Menschenrechtsexperte Manfred Nowak im Gespräch mit ORF.at. Insgesamt neun Menschenrechtsabkommen schlossen die UNO-Staaten seither ab. „Alle Staaten der Welt haben Menschenrechte rechtlich verbindend anerkannt. Selbst Staaten wir Nordkorea oder Eritrea“, sagt Nowak. „Die Menschenrechte sind das anerkannteste Wertesystem der Gegenwart.“

„Fundamentale Erkenntnis unter Beschuss“

Das könnte Grund zum Feiern sein. Und doch waren zuletzt vor allem mahnende Worte zu hören. Nicht nur zeigen die täglichen Berichte über Kriege, Folter, Unterdrückung, Vertreibung und Ausbeutung, wie weit die Weltgemeinschaft noch von dem gesetzten Ziel entfernt ist. Warnende Stimmen sehen überhaupt den vor 70 Jahren auf den Weg gebrachten Grundkonsens gefährdet.

Hier den Beitrag auf orf.at lesen …

Siehe dazu auch:

„UNANTASTBAR – Der Kampf für Menschenrechte“ (Filmtipp)

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