Der VwGH setzte sich im Erkenntnis Ro 2015/03/0036 vom 30. März 2017 mit der Frage auseinander, inwieweit einer – dem Verwaltungsverfahren nicht beigezogenen – „übergangenen Partei“ Beschwerdelegitimation zukommt.
Dazu führte er aus, dass zufolge § 7 Abs. 3 VwGVG eine übergangene Partei beschwerdelegitimiert ist, sobald der Bescheid einer anderen Partei zugestellt oder verkündet wurde und sie davon Kenntnis erlangt; dies gilt selbst dann, wenn die Parteistellung der übergangenen Partei strittig war.
Gemäß § 7 Abs. 3 VwGVG kann, wenn der Bescheid bereits einer anderen Partei zugestellt oder verkündet worden ist, die Beschwerde bereits ab dem Zeitpunkt erhoben werden, in dem der Beschwerdeführer von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat. Diese Bestimmung ist erkennbar dem § 26 Abs. 2 VwGG.Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in stRsp judiziert, dass danach nur derjenige beschwerdelegitimiert ist, dessen Parteistellung im Verwaltungsverfahren unstrittig war, und der auch tatsächlich dem Verfahren zugezogen wurde (vgl nur etwa VwGH vom 30. Jänner 2013, 2012/03/0182, und vom 23. August 2013, 2013/03/0085). Diese Judikatur wurde auch zu § 26 Abs. 2 VwGG idF seit der genannten Novelle fortgeschrieben (vgl etwa VwGH vom 12. August 2014, Ro 2014/10/0065, und vom 26. Juni 2015, Ra 2015/07/0006).
Wollte man annehmen, dass dieser für § 26 Abs 2 VwGG maßgebliche Grundsatz auch für die Zulässigkeit der Bescheidbeschwerde nach § 7 Abs. 3 VwGVG gilt (dafür Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, 53f; Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, S 415, Rz 711; Hauer, Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts2, S 48, Rz 161; dagegen: Grabenwarter/Fister, Verwaltungsverfahrensrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit5, S 28f; Leeb, Die Bescheidbeschwerdelegitimation „übergangener Parteien“, ÖJZ 2015/129; unklar: Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, § 7 VwGVG Anmerkungen 9 bis 11), wäre die von den Mitbeteiligten, deren Parteistellung im anhängigen Verfahren nach dem WPG strittig war und denen der Bescheid nicht zugestellt worden ist, erhobene Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen gewesen; der nun in Revision gezogene Zurückverweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichts zur Klärung der Parteistellung wäre also schon deshalb verfehlt.
Anders wäre zu entscheiden, wenn man § 7 Abs. 3 VwGVG als Kodifikation der Rechtsprechung zur (im Verwaltungsverfahren) übergangenen Partei ansieht. Diese Rechtsprechung eröffnete der übergangenen Partei neben dem Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung bzw auf Zustellung des Bescheids auch die sofortige Berufung, und damit die Klärung der strittigen Parteistellung, ohne den „Umweg“ über Anträge auf Zuerkennung der Parteistellung bzw Zustellung des Bescheids gehen zu müssen (vgl nur etwa VwGH vom 14. April 2016, Ra 2014/06/0017, mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof hat betont, dass mit dem festgelegten engen Verständnis der Ausnahmen von der den Verwaltungsgerichten grundsätzlich zukommenden Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache selbst der der VerwaltungsgerichtsbarkeitsNovelle 2012 insofern zu Grunde gelegten normsetzerischen Zielsetzung entsprochen wurde, einen Ausbau des Rechtsschutzsystems im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung vorzunehmen (vgl insbesondere VwGH vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063).
Es ist daher der Auslegung der Vorzug zu geben, wonach Beschwerdelegitimation nach § 7 Abs. 3 VwGVG auch dann besteht, wenn die Parteistellung des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren strittig war und er diesem nicht beigezogen worden ist.
Hier geht’s zur Entscheidung Ro 2015/03/0036 vom 30. März 2017…