Verfassungsrichter müssen Nebenjobs bekanntgeben

foto: apa/georg hochmuth
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SPÖ, ÖVP und Grüne einigen sich im Parlament auf Neuregelung

Günther Oswald (Der Standard)

Richter am Verfassungsgerichtshof (VfGH) werden künftig per Gesetz verpflichtet, ihre Nebentätigkeiten zu veröffentlichen. Man habe sich mit SPÖ und ÖVP auf eine entsprechende Regelung geeinigt, sagt die grüne Verfassungssprecherin Daniela Musiol im STANDARD-Gespräch.

Ein Beschluss ist für Mittwoch geplant. Musiol drängt seit Jahren auf eine Reform des VfGH-Gesetzes. Ursprünglich lagen die Nebenjobs der Richter ganz im Dunkel. Nach entsprechenden Berichten des STANDARD gab sich der VfGH im Frühjahr 2013 freiwillige Transparenzregeln.

„Leitende Stellungen“

Aber das sei zu wenig, findet Musiol. Künftig werden die Richter daher verpflichtet, „jede leitende Stellung in einer Aktiengesellschaft, GmbH, Genossenschaft, Stiftung oder Sparkasse“ auf der Homepage des Höchstgerichts zu veröffentlichen. Die Pflicht gilt auch noch drei Jahre nach Ausscheiden eines Richters.

Ein Berufsverbot, das es beispielsweise in Deutschland gibt, ist weiterhin nicht vorgesehen. Das hielte man im Verfassungsgerichtshof auch für nicht sinnvoll. „Mit der jetzigen Regelung wird sichergestellt, dass es nicht nur Berufsrichter gibt, sondern auch Richter, die in anderen Bereichen Erfahrungen sammeln“, erklärt ein Sprecher.

Staatsnaher Bereich

In der Vergangenheit sorgten politische oder wirtschaftliche Beziehungen von Richtern immer wieder für Debatten. VfGH-Mitglied Claudia Kahr ist beispielsweise Aufsichtsratsvorsitzende beim staatlichen Autobahnfinanzierer Asfinag. Michael Holoubek sitzt im Aufsichtsrat der Wiener Stadtwerke.

Der frühere Berater von Finanzministerin Maria Fekter, Markus Achatz, ist seit Anfang 2013 Verfassungsrichter, gleichzeitig aber noch immer Gesellschafter und Geschäftsführer des Wirtschaftstreuhänders LeitnerLeitner, der immer wieder prominente Fälle übernimmt. Vertreten ist er auch im Aufsichtsrat der Wohnbaugesellschaft „Wohnungsfreunde“.

Vom Flughafen in den VfGH

Laufend Gesprächsthema war auch Richter Christoph Herbst, ein Vertrauter von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll. Vor seiner VfGH-Tätigkeit war er Vorstand des skandalgeplagten Flughafens Wien. Aktuell ist er Geschäftsführer der bekannten Anwaltskanzlei Herbst Kinsky sowie Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitglied in mehreren Wohnbaugesellschaften und einer Privatstiftung.

Hinsichtlich der Gutachtertätigkeit von VfGH-Richtern gibt es nur eine kleine Nachschärfung bei den Befangenheitsregeln. Verboten oder allgemein publikgemacht werden private Gutachten von einzelnen Richtern auch in Zukunft nicht.

Direkter Zugang zum Höchstgericht

Im Zuge des neuen Verfassungsgerichtshofgesetzes kommt es noch zu einer weiteren Neuerung, die für breite Bevölkerungsschichten von Relevanz ist. Verfahrensparteien in Zivil- und Strafverfahren können sich ab 2015 grundsätzlich direkt an das Höchstgericht wenden, wenn sie der Auffassung sind, ein erstinstanzliches Urteil sei auf Basis eines verfassungswidrigen Gesetzes oder Verordnung erfolgt.

Allerdings gibt es auch zahlreiche Ausnahmen. Keine Anrufung des Verfassungsgerichtshofs ist etwa bei Unterhaltsverfahren, im Zusammenhang mit Exekutionen oder der Kündigung von Mietverträgen möglich.

Der Standard.at …

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