VwGH: Geringer Beschwerdeanfall ermöglicht Abbau von Altverfahren

Verfassungsausschuss befasst sich mit Höchstgerichten

In den ersten drei Monaten dieses Jahres sind beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) ungewöhnlich wenig Beschwerden  eingelangt.  Das berichtete VwGH-Präsident Rudolf Thienel heute im Verfassungsausschuss des Nationalrats. Thienel führt das auf die Einführung der neuen Verwaltungsgerichte mit Anfang 2014 zurück, auf die sich die Bescheidadressaten offenbar erst einstellen müssten.

Es sei abzuwarten, wie sich das weiter entwickle, sagte er. Vor allem in Asylsachen erwartet Thienel doch einen deutlichen Anstieg der Fallzahlen. Der Verwaltungsgerichtshof nutzt die aktuelle Situation jedenfalls dazu, um Altverfahren abzubauen, so konnte die Zahl der offenen Verfahren zuletzt auf 3.800 reduziert werden.

 
Mit budgetären Herausforderungen hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) zu kämpfen. Laut VfGH-Präsident Gerhart Holzinger wird es insbesondere von der derzeit noch nicht abschätzbaren Zahl an Gesetzesbeschwerden und der Entwicklung der Asylbeschwerden abhängen, ob es dem Höchstgericht gelingen wird, den ihm auferlegten strikten Sparkurs auch in den nächsten Jahren einzuhalten.


Verwaltungsgerichtshof konnte Zahl der offenen Fälle deutlich reduzieren

 
Wie Thienel den Abgeordneten im Detail mitteilte, ist es dem Verwaltungsgerichtshof im vergangenen Jahr gelungen, die Zahl der offenen Verfahren weiter abzubauen. So waren Ende 2013 nur noch 4.620 Verfahren anhängig, Ende 2012 waren es noch 5.270 gewesen. Die Verfahrensdauer konnte im vergangenen Jahr auf durchschnittlich 16,7 Monate (2012 19 Monate) reduziert werden. In den ersten drei Monaten dieses Jahres wurden weitere 1.600 Altverfahren und 500 neu eingelangte Beschwerden erledigt. Damit hielt man zum Stand 1. April bei nur noch 3.800 offenen Verfahren.

 
Thienel zufolge ist abzuwarten, wie sich der Verfahrensanfall weiter entwickelt. Er rechnet aufgrund von Erfahrungswerten aus der Vergangenheit vor allem mit einem deutlichen Anstieg von Asylsachen, nachdem der Verwaltungsgerichtshof seit Anfang 2014 in Asylangelegenheiten wieder angerufen werden kann. Der Gerichtshof habe sich durch eine neue Geschäftsverteilung auf die neuerliche Asyl-Zuständigkeit vorbereitet, schilderte Thienel. Außerdem habe man 15 zusätzliche juristische MitarbeiterInnen erhalten, insgesamt wurden 20 speziell auf den Asylbereich eingeschult. Der große Beschwerdeansturm von AsylwerberInnen ist bislang allerdings ausgeblieben, in den ersten zwei Monaten waren weniger als 200 Asylsachen zu verzeichnen. Zum Vergleich: Im Jahr 2007, dem letzten vollen Jahr, in dem der Verwaltungsgerichtshof für Asylbeschwerden zuständig war, waren es 4.000.

 
Der Aus- und Umbau des Gebäudes am Judenplatz, das dem Verwaltungsgerichtshof nach dem Auszug des Verfassungsgerichtshofs nun zur alleinigen Verfügung steht, wurde laut Thienel im Sommer 2013 abgeschlossen. Die Kosten dafür, die sich die Burghauptmannschaft und der Verwaltungsgerichtshof teilen, betrugen 3 Mio. €. Man sei sowohl im Budgetplan als auch im Zeitplan geblieben, betonte Thienel. Weitere notwendige Umbauarbeiten würden im Rahmen der budgetären Möglichkeiten durchgeführt.

 
Verfassungsgerichtshof: Ab 2015 könnte es budgetär eng werden

 
Über die aktuelle Budgetsituation am Verfassungsgerichtshof informierte VfGH-Präsident Gerhart Holzinger die Abgeordneten. Er rinnerte daran, dass der Verfassungsgerichtshof seit dem Jahr 2011 mit Budgetkürzungen konfrontiert sei, wobei sich die geforderten Einsparungen im Jahr 2014 bereits auf 835.000 € belaufen, bei einem Gesamtbudget von 13 bis 14 Mio. €. Der Verfassungsgerichtshof habe den Sparkurs mitgetragen und durch die Entnahme von Rücklagen, Reorganisationsmaßnahmen und Effizienzsteigerungen die Budgetvorgaben bislang auch einhalten können, sagte Holzinger. Er fürchtet allerdings, dass es ab den Jahren 2015/16, abhängig von der Anzahl der Beschwerdefälle, budgetär eng werden könnte.

 
Man könne heute noch nicht sagen, welchen zusätzlichen Anfall an Rechtssachen die ab Jänner 2015 mögliche Gesetzesbeschwerde bringen werde, sagte Holzinger. Er geht aber „von einigem Aufwand“ aus. Ebenso wenig sei abschätzbar, ob der nunmehr wieder mögliche Rechtszug zum Verwaltungsgerichtshof in Asylangelegenheiten die Zahl der Asylbeschwerden beim Verfassungsgerichtshof reduzieren wird. Was der Verfassungsgerichtshof auf keinen Fall wolle, sei eine steigende Verfahrensdauer, bekräftigte Holzinger. Derzeit gibt es eine durchschnittliche Erledigungsdauer von 2 Monaten in Asylangelegenheiten und 7 Monaten in sonstigen Angelegenheiten, „daran wollen wir nicht rütteln“. Steige die Zahl der Rechtssachen, würden zusätzliche Budgetmittel benötigt.

 
Holzinger machte in diesem Zusammenhang geltend, dass die beschleunigte Abwicklung von Asylverfahren durch den Verfassungsgerichtshof dem Staat Einsparungen bei der Grundversorgung von AsylwerberInnen in einem Ausmaß beschert habe, das ein Vielfaches jenes Betrags ausmache, den der Verfassungsgerichtshof insgesamt als Budget zur Verfügung hat.

 
Zur von den Grünen wiederholt aufgestellten Forderung, sämtliche Nebentätigkeiten der VfGH-RichterInnen offenzulegen, merkte Holzinger an, die österreichische Verfassung sehe seit 1920 vor, dass VerfassungsrichterInnen ihre zuvor ausgeübte Tätigkeit als RechtsanwältInnen, RichterInnen bzw. UniversitätsprofessorInnen auch nach ihrer Bestellung in den VfGH weiter ausüben sollen. Er hält diese Regelung für sinnvoll.

 
Der Verfassungsgerichtshof gehe mit äußerster Sorgfalt mit Fragen der Befangenheit um, versicherte Holzinger. Gebe es nur geringste Zweifel an der Unbefangenheit eines Richters bzw. einer Richterin in bestimmten Fällen, entscheide nicht das betroffene VfGH-Mitglied, sondern ein Ersatzmitglied. Holzinger verwies außerdem auf die umfangreichen Offenlegungen auf der Website des VfGH. Es wäre „tödlich“ für den Verfassungsgerichtshof, würde in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen, der Verfassungsgerichtshof urteile nicht unbefangen, warnte der Präsident.

 

 

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